Caravaggio
und
die
neapolitanische
Schulc.
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Eine eigentliche Schule hatte Caravaggio nicht. Um so
grüsser war dagegen die Zahl där Nachahmer und solcher Künstler,
die sich mehr oder minder seinem Einilusse hingaben. Unter diesen
waren Ifranzosen, Niederländer und Deutsche, hier kommen nur die
Italiener in Betracht, von welchen ihm Bartolomeo Manfredi,
geb. um 1580 zu Ustiani bei Mantua, gest. nach 1617 in Rom,
der Venetianer Carlo Saraceni, 1585- 1625, welcher seine Art
nach Venedig brachte, und der Rümer Angelo Caroselli, 1585
bis 1633, hervorragen. Am meisten schlug, trotz des verhältnis-
mässig kurzen Aufenthaltes Caravaggios in Unteritalien seine
Kunst in Neapel Wurzel, wo bei den dort von vornherein herr-
schenden naturalistischen Neigungen der raphaelische Manierismus
am gründlichsten verleidet war.
Wir Wissen jedoch nicht, ob der Begründer der neapolitani-
schen Schule mit Caravaggio zu persünlicher Berührung oder gai-
in Schulabhängigkeit gelangt war_ Jusepe de Ribera, beigenannt
10 Spagnoletto, war in der spanischen Stadt Jzitiva im Gebiet von
Valencia am 12. Januar 1588 geboren, und zunächst Schüler des
Fr. Ribalta. Frühzeitig nach Neapel gelangt, das als spanische
Dependenz damals in lebhafter Beziehung zu dem Mittelmeer-
gebiet der pyrenäischen Halbinsel stand, blieb er dann auch durch
ein halbes Jahrhundert bis an seinen Tod 1656 in Italien, meist
in Neapel thätig. Wir müssen ihn deshalb zu Italien rechnen,
Wenn auch seine Kunst manche Elemente Riba1ta.s darbietet, zu-
mal doch die Einflüsse der Werke Correggios, Tizians und Cara-
vaggios stärker sind. Erscheint aber auch Riberas Vorliebe für den
Ideen- und Darstellungskreis Caravaggios, für dessen kräftiges
Pathos, und dessen naturalistische Auffassung unter Bevorzugung
der Darstellung des Alters zweifellos, so unterscheidet er sich doch
scharf von dem letzteren durch eine weichere und mehr malerische
Technik im Gegensatz zu dem mehr plastischen Stil seines älteren
Zeitgenossen. Auch ist die künstlerische Überlegenheit des Spaniers
nicht zu leugnen, wie auch sein Einfluss auf die italieniäche und
speziell neapolitanische Kunst und damit zusammenhängend auf
die spanische weiter reichte als der Caravaggios.
Seine datierten Bilder gehen nicht weit zurück und es wird
bei den geringen Verschiedenheiten, welche sein Stil an den un-
datierten Werken (K1. B. 197, 292, 318) darbietet, immerhin schwer
sein, die Wandelungen nachzuweisen, welche er durchlaufen haben
mochte. Wenn wir von den nach dem Entstehungsjahr bekannten
Bildern ausgehen, so erscheinen die wI-Iimmelsleitera von 1626
zu Madrid wie xder betrunkene Silence vom gleichen Iahre im