Volltext: Geschichte der Malerei vom Anfang des 14. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts

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Italien. 
bis er, vorn Papste begnadigt, wieder nach Rom zurückkehren 
durfte. Er erreichte jedoch die ewige Stadt nicht mehr, sondern 
starb auf dem Wege dahin zu Porto d'Ercole im Todesjahre 
Annibale Caraccis, 1609. 
Merkwürdig, dass er in einern so kurzen und bewegten 
Leben doch so viel zu leisten vermochte! Seine Naturstudien 
hatten ihn zunächst zum Genre geführt, wobei er sich jedoch 
nicht mit jenen fast albernen Zusammenstellungen von Geldmenschen 
begnügte, wie Massys, sondern als Sittenbildmaler im eigentlichen 
Sinne ins volle Leben griff, wie es sich damals in den Kneipen 
um das Marcellustheater abspielen mochte. Da. erscheint die 
vWahrsagerinc, einen Jüngling mit ihren verbuhlten Augen be- 
strickend (Capitolinische Galerie) Oder es verderben ÜFQISChSPiCIEIK 
ihr argloses Opfer (Palazzo Sciarra in Rem). Dazu kommen hin- 
wieder Gegenstände, welche keineswegs der Nachtseite des täg- 
lichen Lebens angehären, wie die reizende zLautenspielerinr in 
der Liechtensteingalerie zu Wien (K1. B. 358), der vLautenspielem 
in der Eremitage zu St. Petersburg und das vrKonzertK bei Lord 
Ashburton in London. Verhältnismässig früh erscheinen dann 
ein paar Allegorien ans dem Erosgebiet, welche den Künstler 
sogar in poetischer Stimmung zeigen, wie der vsiegreiche Amom 
und der wüberwundene Amora in der Galerie zu Berlin, mit 
welchen er nach gleichzeitigen Berichten die xirdische und himm. 
lische Liebea darstellen wollte. An diesen Werken erscheint zwar 
alles Konventionelle vermieden, ja es spricht sich sogar de; 
direkteste Gegensatz gegen Manieristen und Akademiker aus, allein 
das Kolorit wie die Gesamthaltung verrät doch noch einigen Zu- 
sammenhang mit den Venetianern. 
Mit der Zeit jedoch wird seine Art, seinem gewaltthätigen 
Wesen entsprechend, härter, drastischer. Konnten vMartyrien. 
bildera wie für S. Luigi dei Hancesi und S. Maria del Popolo in 
Kirchen passend erscheinen, so wurde schon das vwMatthäusbilda 
eines Altars der ersteren Kirche, jetzt in der Galerie zu Berlin, 
und der für die transtiberinische Kirche della Scala gemalte vvTod 
Mariense, jetzt im Louvre, von den Kirchenvorständen als un- 
gehürig zurückgewiesen. Bei aller Derbheit und Knorrigkeit aber 
wirken Martyrien, die Dornenkränung und die Grablegung Christi 
(mehrfach wiederholt) durch die Wahrheit des Ausdrucks erschütternd_ 
Auch seine späteren Genrebilder, wie die wFalschspielere in der 
Galerie zu Dresden und einige wConcertinosa werden zunehmend 
derber, während das Bildnis an rücksichtsloser Wahrheit ebensg 
gewinnt, wie es an Durchführung einbüsst.
	        
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