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Deutschland.
fünfzehn grossen Holzschnittblätter der wApokalypseu ausgefüllt
worden zu sein, unmittelbar gefolgt von der sog. grossen Passion,
welche bei aller Grossartigkeit der Auffassung und Tiefe der
Empfmdung doch noch von einer fast archaischen Strenge sind.
In dieselbe Zeit (1497) fallen dann ein zweites jetzt im Besitz
des Herzogs von Northumberland beiindliches Bildnis seines Vaters
(Kopien in München und Frankfurt) und die sog. wFürlegerinq,
ein als Madonna behandeltes Miidchenbildxris in der Augsburger
Galerie. Das jahr 1498 bringt uns wieder ein Selbstbildnis, jetzt
in der Galerie des Prado zu Madrid (K1. B. 152), das Jahr 1499
aber das Bildnis des Oswolt Krell in München (K1. B. 506) und
jenes der Elsbeth Tucher, Clemahlin des Niklas Tucher in der
Galerie zu Cassel, wie denn auch wahrscheinlich die beiden anderen
Tucherbildnisse, Hans und Felicitas im Museum zu Weimar in
diese Zeit fallen. Sie zeigen sämtlich keine italienische Re1ninis_
cenz und einen so rein nordischen Charakter, dass namentlich
die letzteren dem Wolgemut zugeschrieben worden sind, obwohl
das Casseler Bild neben der Jahrzahl das echte Monogramm des
Künstlers trägt.
War demnach das erste Lustrum sicher kein für den Künstler
nrateriell lohnendes, so wurde es doch, zum Teil gerade wegen
des Bestellungsmangels künstlerisch um so fruchtbarer durch un_
ablässige Naturstudien jeder Art, welchen er sich mit dem Feuer.
eifer des Genies widmete. Die Erfolge dieser treten denn auch
von 1500 an im Bildnisse wie im Kirchenbilde aufs schlagendste
entgegen. Die Pinakothek zu München besitzt zwei Bildnisse
von 1500, welche alles Vorausgegangene weit hinter sich lassen:
den sog. vHans Dürem, das Bildnis eines jungen Arbeiters (KL
B, 542), und ein viertes Selbstbildnis. Das erstere zeigt trotz des
hageren, von ernster unablässiger Arbeit wie von karger Existenz
zeugenden Kopfes jede Härte und Ungelenkheit der Formgebung
überwunden und in der markigen und stark betonten Umriss-
zeichnung, in welcher die Nadel des Stechers einfach mit dem
Pinsel vertauscht erscheint, eine Sicherheit, Schünheit und Eleganz
der Linienführung, welche zweifeln lässt, ob sie oder die scharfe
Charakteristik des unvergesslichen Kopfes mit den klaren durch_
dringenden Augen mehr zu bewundern ist. Das zweite, welt_
bekannte Bild gehürt schon zu den ersten Meistenverken aller
Zeiten. Der prächtige Kopf mit dem von langen Locken um_
wallten Christusgesicht, der ernste, sinnige und tiefe Ausdruck
in den wunderbar gemalten unergründlichen Augen wie in den
vollen geschlossenen Lippen, die herrliche Denkerstirn und die