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Malerei
Die
der N iederlande.
Zunächst machte sich in Holland ein volkstümlicher Zug
geltend, welcher den mehr aristokratisch veranlagten Vlamen
fremd war. Auch das Kolorit war von Anfang an massvoller,
gedämpfter, unscheinbarer. Sonst ist die Ausdrucksweise der H01_
länder mannigfaltiger, wohl hauptsächlich bedingt durch den Um-
stand, dass die Kunst nicht im wesentlichen auf eine Stadt kon_
zentriert ist, wie in dem belgischen Gebiet, denn wenn auch Leyden
begünstigter erscheint als andere Städte, so doch nicht in dem
Grade wie auf der anderen Seite Antwerpen. Denn Haarlem,
Utrecht und Amsterdam, ja selbst Grüningen und Herzogenbusch
spielten eine Rolle, welche jener Leydens nicht viel nachstand,
wenn auch das letztere die Auszeichnung geniesst, den grüssten
hollitndischen Meister des 16. und den berühmtesten des 17. Iahr-
hunderts hervorgebracht zu haben.
Der älteste Künstler Leydens liess dies noch nicht erwartem
Cornelis Engelbrechtsen, geboren 1468 und gestorben 1533
daselbst, überragt, wie seine die Reformationszeit überdauernden
Bilder, das Triptychon mit der wKreuzigungx und das Altarwerk
mit der sBeweinung Christia als Mittelstücken, jetzt in der städti-
schen Sammlung zu Leyden, zeigen, die Durchschnittarbeiten jener
Zeit kaum merklich. Cornelis nahm die Kunst des Quattrocemo
ohne wesentliche Veränderung ins Cinquecento herüber, jedenfans
nicht unter Verbesserung des Erbes, welches das, was es etwa an
Kraft gewinnt, durch Derbheit wieder zu verlieren scheint. Ein
Schüler Engelbrechtsens aber entfaltete sich als Hollands Haupg-
meister jener Epoche. Es war Lucas Iacobszon, weltbekannt
unter dem Namen Lucas van Leyden.
Geboren zu Leyden 1494 war auch dieser, wie sein gTOSSer
oberdeutscher Zeitgenoss A. Dürer vorwiegend Kupferstecher, früh_
zeitig entwickelt und vorzeitig 15 33 gestorben, überdies auch von
erstaunlicher Produktivität, ohne dass darunter die Qualität seine;-
durchweg in intimster Sorgfalt und Naturbeobachtung ausgeführten
Stiche und wenigen Gemälde gelitten hätte. Sein geniales Tasten
zeigt sein freilich nicht vüllig gesichertes Bild der rthronenden
Madonna mit drei Engelna in der Sammlung Ulrich zu Fran-
furt alM. (K1. B. 634), aus seiner Frühzeit. Die volle Reife aber
tritt uns in dem vorzüglichen Diptychon von 1522 in der Pinak0_
thek zu München entgegen, welches auf den seit dem Anfang des
17. Iahrhunderts zusammengestückten Innenseiten xMaria. mit
Magdalena und einem als hl. Joseph dargestellten Donatore, auf
der einst vorderen Aussenseite aber, jetzt abgesägt, die wVerkündL
gunga enthielt. Wohl iindet man daran noch die Nachwirkung