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Malerei
Die
Niederlande.
der
Noch früher hatte Jan Gossaert, nach seiner jetzt fran_
züsischen Vaterstadt Maubeuge gewähnlich Mabuse genannt,
Gelegenheit zur Aufnahme italienischer Eindrücke gefunden, indem
er schon 1508 im Gefolge des Bastards Philipp von Burgund
nach Italien gelangte. Vorher noch in Abhängigkeit von den
Nachfolgern Memlings wie des Quentin Massys, dessen Werke er,
seit 1503 in Antwerpen ansässig, hatte entstehen sehen, und
neben welchen wohl seine wAnbetung der Künigee in Howard
Castle gemalt ist, brachte er aus Italien eine solche Bewilnderrlng
der dortigen Frührenaissance-Architektur in die nordische Heimat
mit, dass er nun seine meisten Werke mit prächtigem Gebäude-
schmuck versah, während er in seinen Figuren bei eingehendem
Naturstudium und überaus sorgfiiltiger Ausführung, jedoch bei
geringer Tiefe der Charakteristik und des Ausdrucks die Ein_
drücke seiner nordischen Schule festhielt. Von seinen Werken
heben wir das wLukasbildx im Dom zu Prag (K1. B. 394), wNeptun
und Amphitritea von 1516 in Berlin und wDanaä mit dem Gold-
regenx von 1527 in lvlünchen und vChristus bei Simonx zu
Brüssel (K1. B. 700) hervor. An seinen Bildnissen, von welchen
die Nationalgalerie zu London, die Galerie zu Hamptoncourt, der
Louvre und das Reichsmuseum zu Amsterdaln (K1, B. 308) ein_
zelne Stücke bewahren, vermag die raffmierteste Technik und
Sorgfalt der Ausführung die geistige Leere noch weniger zu Ver-
decken, als an seinen religiüsen und mythologischen Darste11ungen_
Der Künstler starb zu Antwerpen 1541.
Wir müssen uns begnügen, die übrigen Maler dieser Früh_
zeit bloss zu nennen. S0 die in Brügge thiitigen Jean PIGVOSt
aus Mons, Pieter Claessens den Älteren und Lancelot Blon-
deel, dann Jan van Rillaer in Lüwen, Jan van Coninxloo
den Älteren und den Jüngeren in Brüssel, Jean Bellegambe
in Douai und den dem Namen nach unbekannten und deshalb
als Meister der weiblichen Halbfiguren bezeichneten
Schüler des Barend van Orley (K1. B. 87). Sie alle erwviesen sich
den italienischen Einflüssen nur in sehr beschriinktenx Masse 211-
gängliizh und hielten in der Hauptsache in der Art der Massys,
Patinir und Bles an der alten Uberlieferung fest.
In der zweiten Häilfte des 16. Jahrhunderts jedoch bildeten
sich zwei bestimmt getrennte Gruppen. Die eine widmete sich
der weiteren Festigung und Ausbreitung des Italismus, indem sie
sich, obwohl zirmeist aus Schülern oder Nachfolgern eines Massys,
Orley und Gossaert bestehend, doch der von diesen noch zum Tei1
bewahrten einheimischen Tradition vällig zu entäirssern suchten,