Volltext: Geschichte der Malerei vom Anfang des 14. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts

F landern 
und Brabant. 
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Niederlande genug. Neben der Anordnung, der Architektur fund 
manchen Details aber, in welchen sich diese Abhiingigkeit noch 
ausspricht, geht ein grüsserer und lebendigerer Zug durch das 
Ganze wie durch das Einzelne und besonders an den Flügelbildern 
Ünden wir eine dramatische Kraft, die sich weit über das erhebt, 
was selbst ein Rogier in seiner plastischen Denk- und Ausdrucks- 
weise zu erreichen vermochte. Noch aiuffälliger wird dies in dem 
1508 bestellten aber wohl erst mehrere Jahre später vollendeten 
Altarwerk der Antwerpener Schreinerzunft, der jetzt in der Galerie 
zu Antwerpen befmdlichen Hauptschüpfung des Meisters. Die 
aBeweinung Christie im Mittelbilde, in Welchem sich die anatomische 
Wahrheit des erstarrten Leichnams mit der Bewegtheit und Leben- 
digkeit der ihn umgebenden Gruppe in einen packenden Gegensatz 
stellt, ist von einer geradezu ergreifenden Dramatik und übertrifft 
selbst die Dürerschen Darstellungen des gleichen Gegenstandes. 
Auch die vMartyrien der beiden Johannesx auf den Innenseiten 
der Flügel sind von der fesselndsten Realität, wiihrend die beiden 
vjohannesfrgurena der Aussenseiten in ihrer statuenartigerl Gri- 
saillenbehandlung noch der altüblichen Weise folgen. 
Wir erwähnen sonst noch von Kirchenbildern die wMadonna 
mit dem Känig Dzwid und den Propheten, wie mit Augustus und 
den Sibyllenx in S. Petersburg, die vMadonnae in der Berliner 
Galerie, die beiden Brustbilder des vSalvator mundia und der 
wMadonnaa in Antwerpen, mehrere vMagdalenene und namentlich 
sein anscheinend letztes Bild, diemeuerlich nach ihrer Urheber- 
schaft gesicherte nPietäua in der Münchener Pinakothek K1. B. 440). 
Erst das Ietztere zeigt einigen italienischen Einfiuss rümischer 
Richtung, vielleicht durch Stiche Marc Antons vermittelt. 
Das unbefangene Naturstudiuln kam dem Meister auch im 
Bildnis zu gute, von welchem Krlnstzweig das vPortriit des Petrus 
Aegidiusa in Longford Castle und das Bildnis der Iean Carondelet 
in der Pinakothek zu München und der vvMann mit der Briller 
irn Städelschen Institut zu Frankfurt (K1. B. 219) hervorzuheben 
sind. Umfiinglicher aber erscheint dessen Verwendung in einem 
{Treilich dem Gegenstande nach ziemlich engbegrcnzten) Genre- 
gebiet, das vorher der nordischen Kunst fast gänzlich fremd 
gewesxen. Es sind Wucherer oder Wechsler, Steuereinnehnrer oder 
Anwälte, in ihrer Beschiiftigrlng mit Geld, wägend oder zählend 
dargestellt, wobei die Figuren in einer gewisserx Karikierung mit 
derselben peinlichen Naturbeobachtrlng wieclergegeben sind, wie 
alles Beiwerk auf dem Tische und an den Wänden. Bildnis, 
Genre und Stillleben treten dabei in eine Leistuzrg zusamnlen, in
	        
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