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Die
Walerei
der Niederlande.
bildchen zu kolorieren, durch das Studium der Werke seiner Vor-
giinger seit den van Eyck und Rogier das ihm notwendig schei_
nende angeeignet zu haben. Auch kann, wenn eine alte Notiz
(Molanus) von der Unterweisung durch einen Maler Rogier spricht,
damit der berühmte Maler von T ournay schon aus zeitliehen
Gründen nicht persünlich gemeint sein, und an dessen gleichnamigen
Enkel zu denken ist bei dem in der ganzen übrigen Tradition
als Autodidakt behandelten Künstler keineswegs notwendig. 1111
Gegenteile erkliirt das vorausgegangene rauhere Kunsthandwerk,
wie ein empirischer Entwickhlngsgang die von allen Vorgängern
abweichende Eigenart des Künstlers leichter, ais ein strikter Schul-
zusammenhang. Ausserdem erklärt sich daclurch dessen langsame
Reife und der Übergang zur Meisterschaft erst in seinen dreissiger
Jahren.
Dass der vormalige Künstler in Schmiedeeisen seine Hand nicht
mehr leicht zu der miniaturartigen Behandlung eines Memling zu
bilden vermocht, wird ihm wohl einer der Gründe gewesen sein, die
Zierlichkeit seiner Vorgünger gar nicht anzustreben, sondern sich
fast ausschliesslich in der Darstellung von lebensgrossen Figuren
zu ergehen. Dazu aber war ein gründliches Naturstudiilm no;
wendig, das nicht mehr bloss sekundär einen gewissen Schu1idea1is_
mus zu begleiten und zu berichtigen batte, sondern zu unmitteL
barer Verwendung kommen sollte. Die selbständige Naturbe0b_
achtung aber mochte ihm gerade durch die Uneingenommenheit
von zeichnerischen und malerischen Methoden, wie von convem
tionellen Werkstattauffassungen und Gepüogenheiten erleichtert
worden sein, und zwar nicht bloss durch die Befreiung von einer
traditioneilen Formensprache, sondern auch hinsichtlich der Farbe,
welche gleichfalls und zwar am figürlichen wie ain landschaftlichen
Teile zu einer ehrlicheren Realitiit kamen. S0 brachte es der
geniale Autodidakt zu einer Kunst, Welche ohne Preisgabe del-
nationaien Eigenart einen wesentiichen Fortschritt darstellte, und
von unberechenbaren Folgen hätte werden kännen, wenn ihm
gieichwertige "Ifalente nachgefolgt wiiren, und dazu nicht bald
der italienische Einiiuss die ganze Entwicklung in andere Bahnen
gelenkt häitte.
Wir besitzen kein Werk, dessen Entstehung vor seinem
50. Lebensjahr gesichert wiire. I)och zeigt noch das 1509 von-
endete grosse Altarwerk aus der Peterskirche zu Lüwen, jetzt in
der Brüsseler Galerie, sowohl in der vwhl. Sippec des Mittelbildes
wie in den Szenen aus dem xLeben der Eltern Mariensr: auf den
Flügeln Zusaxnxnenhiinge mit der vorausgegangenen Kunst der