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Die
Italiens
Malerei
im
Cinquecento.
beiden Vorgeltannten, gestorben nach 157g, wenigsteng in seiner
späteren Zeit ausschliesslich in die Fussstapfen Tizians tritt. Gäebt
davon wenigstens die wMadonna mit Heiligem: in der Akademie
zu Venedig ein sprechendes Zeugnis, so lässt auch ein ebenda
beiindliches vAbendmahla in seinem Urheber Polidoro Lanzani,
genannt Polidoro Veneziano, nicht viel mehr als einen
geschickten Manieristen erkennen. Die meisten der genannten
Nachfolger sind auch, Wenn sie ihre Bilder nicht bezeiclanen,
schwer aus der Schar venetianischer Maler tizianischen Charaktel-s
auszusondern wie unter sich zu unterscheiden.
Wenn sich jedoch die cinquecentistische Malerei in Venedig
länger auf ihrer Hähe hielt als im übrigen Italien, so ist dies
zum nicht geringen "Ieil iiussern Gründen, wie dem Reichtum
und der Prachtliebe der sinkenden Republik und dem Unxstande
zuzuschreiben, dass die Brände im Dogenpalast von 1574 und
r 577 den grüssten Teil der dort aufgespeicherten Kunst zweier
Jahrhrtnderte zerstürten und dadurch zum Wiederersatz reichliche
Gelegenheit schufen. Es fehlte jedoch auch nicht an Kräften, welche
diesen Anforderungen entsprechender zu genügen vermochten, als
dies im übrigen Italien ermäglicht war. Der Hauptmeister del-
letzten jahrzehnte ist jacopo Robusti, nach dem Beruf seines
Vaters der kleine Färber, il Tintoretto, genannt. Im jahre
1518 zu Venedig geboren, war auch er aus der tizianisehen
Schule hervorgegangen, schuf sich jedoch frühzeitig ein wesenb
lich verändertes Programm dadurch, dass er sich zeichnerisch den
Michelangelo zum Vorbild nahm. Dazu suchte er dramatische,
zu wirken wie seine Vorgänger und diesen Eindruck zu steigem
durch mächtige Gegensätze von Licht und Schatten, in welchen
allerdings sein bei Tizian ausgebildeter Farbensinn nur zu häuüg
versank. Ausserdem beeinträchtigte Gelegenheit und Hang zu
riesigen Dimensionen frühzeitig die Sorgfalt der Durchführung
und benahm ihm jede Scheu, dem ersten besten Einfall Qder
dem Effekt zuliebe es mit Schünheit und Würde nicht zu genau
zu nehmen. jedoch befähigt zu den besten Leistungen, wusste
er oft Vorzüge zu entfalten, welche ihm den Ruhm, der erste
Maler seiner Zeit zu sein, vollauf verdienten.
Einer seiner frühesten, schon um 1545 an ihn gelangten
Aufträge, die 15 m hohen Leinwandbilder der wAnbetung des
goldenen Kalbesx und des xjüngsten Gerichtsa für S. Maria
delPOrto in Venedig zu malen, würde durch Mass- und Hühem
verhältnis ein peinlicheres Künstlergewissen zur Verzweiflung ge_
bracht oder wenigstens Iahrzehnte lang beschäftigt haben; seinel.