Die
Cinquecentisten
Venedigs.
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Ein Jahrzehnt nach der Entstehung des Zinsgroschens, in
welches von Tafelbildern die xVerkündigunga im Dom zu Treviso,
die vAuferstehungx in S. Nazaro e Celso zu Brescia, wie andere
Altarbilder in Zoppe (Friaul), in der Dominikanerkirche zu Ancona
und in der Scuo1a di S. Rocco zu Venedig fa11en, ünden wir den
Meister bereits auf der Zenithähe seiner Entwicklung. Denn vom
Jahre 1518 stammt das in der Akademie zu Venedig verwahrte
Hauptwerk der wAssuntaa (Himmelfahrt Mariä) (K1 B. 7 5), in
kompositioneller Hinsicht die volle Befreiung von aller Gebunden-
heit, in koloristischer Beziehung aber die hächste Farbenleistung
"darstellend, deren Kraft, Wärme und Tiefe vielleicht niemals über-
troffen worden ist. Tizian selbst vermochte diese Schäpfung später
nur noch gelegentlich zu erreichen, wie in der 1526 gemalten
vMadonna di Casa Pesaroc in der Kirche S. Maria. gloriosa. ai
Frari zu Venedig, ein Bild, das durch die Schriigansicht der
Szene ebenso geometrisch ungezvvungen und leicht als durch die
Ifiguren unsagbar vornehm wirkt, und in der 1867 mit einer
Seitenkapelle von S. Giovanni e Paolo verbrannten xErmordung
des Petrus Martyre, welchen von religiüsen Bildern dieser Zeit
vielleicht nur noch die herrliche xGrablegung Christia im Louvre
(K1. B. 670), oder die reizvolle vFlucht nach Egyptenx ebenda an
die Seite gestellt werden künnen.
Von den danraligen Profanbildern stehen das vVenusfesta
und das wBacchanala in Madrid, oder vBacchus und Ariadnea in
der Londoner Nationalgalerie (K1. B. 448) obenan. Neben das
sprühende Leben dieser Werke setzt sich das ruhige Wesen der
wdrei Menschenalterc in der Bridgewatergalerie oder der berühmten
Halbidealgestalten der wFloraa in den Uffrzien (K1. B. 148) und der
venusar-Ligen Frauen (K1. B. 322). Von den letzteren müssen
freilich einige in die Reihe der Bildnisse gerechnet werden, wie
die wVenus von Urbinoa in den Ufflzien -a1s Herzogin Eleonore
Gonzaga von Urbino, während in der vhiaitresse du Titienx mit
dem spiegelhaltenden Manne irn Louvre, Laura Diante, die Geliebte
des Alfonso von Ferrara, und dieser selbst vermutet wird. Als direkte
Porträts der Epoche bis 1530 mügen dann der wDoge Grimania
in Casa Morosini zu Venedig, zGiorgiü Cornaroe in Howard
Castle, ajacopo 5011111204 in der Akademie zu Venedig, vPietro
Aretinoa in Pa1azzo Pitti (K1. B. 618), zHerzog Alfonso von Ferrarzm
in Madrid, die xMarkgräfm Isabella von Mantuaa in Wien und
die vHerzogin Eleonore von Urbinmc in Wien, in den Uffrzien
(K1. B. 310) und in Palazzo Pitti (La Bella.) (K1. B. 651) ge-
nannt werden.