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Die
Malerei
Italiens
im
Cinquecento.
"V e celli, geb. 1477 zu Pieve di Cadore in den südlichen Alpen_
hängen. Zehnjährig nach Venedig in die Werkstatt des Mosaik_
arbeiters Seb. iZuccato, dann zu Gentile Bellini und endlich zu
Giovanni Bellini gelangt, erscheint er erst in seinem dreissigsten
Lebensjahr in seinem Berufe nachwveisbar und zwar neben Giorgione,
vielleicht als dessen Gehilfe, bei den F assadenmalereien am Fondaco
dei Tedeschi. Doch muss damals, wenn nicht kurz vorher auch
das Altarstück des vh. Markus zwischen Cosmas und Damianug,
Sebastian und Rochusa, welches sich in der Sakristei von S. Maria
della Salute befindet, entstanden sein. Derselben Zeit entstammen augh
die beiden früheren wMadonnenader kais. Galerie zu Wien, dem,
der zZinsgroschena der Dresdener Galerie (K1. B. 441) ist
1508 gemalt und sicher nicht älter als die genannten Werke_
Auch muss bald darauf jene Perle entstanden sein, welche untel.
dem Namen vder himmlischen und irdischen Liebec (K1. B. 7 18)
einen der Hauptschätze der Galerie Borghese in Rom bildet
Dieses Werk aber setzt einen längeren Entwicklungsweg voraus, au;
welchem allein der Künstler ein Ziel erreichen konnte, das liber
der Leistungsfähigkeit aller Vorgänger und Zeitgenossen liegt
Denn, wenn nicht dem Apelles, so ist vielleicht niemals die
malerische Incarnation weiblicher Schünheit, wie sie uns ans
diesem Bilde entgegenleuchtet, ähnlich gelungen, und die Vep
bindung idealer und realer Vollkommenheit vom malerischen Stand-
punkt aus reiner erreicht worden, wobei auch die sorgfältigste
Durchbildung dem harmonischen Einklang des Ganzen, des flgür_
lichen wie des landschaftlichen Teiles keinen Eintrag thut. Kein
Wunder, dass der Künstler nach Vollendung dieses Werkes, welche
wohl annähernd mit dem T ode Giorgiones zusammenfällt, als der
hervorragendste Meister Norditaliens dastand, ja. mit Ausnahme
Raphaels in ganz Italien unüberboten.
Es war jedenfalls die Ülmalerei, deren der Künstler 21n-
Entfaltung seiner strahlenden Kunst bedurfte. Nach den erhaltenen
Resten wenigstens blieben nicht bloss seine früheren, sondern auch
die unmittelbar nach dem Borghese-Bild entstandenen Wand-
malereien, deren Ausführung er wohl auch grüsstenteils anderen
Händen überliess, weit hinter den Tafelbildern zurück, wie dies
die Cyklen ans denr wMarienleben und der Kindheit Christia 1m
Carmine und aus dem xAntoniuslebem in der Scuola del Santo zu
Padua zeigen, Nur das Ülbild schien es zu ermüglichen, die
frühere Gebundenheit abzustreifen, und die entsprechende k0111p0-
sitionelle Leichtigkeit, namentlich aber jenen Farbenzauber zu en
reichen, auf welchen Tizian von vorneherein alles gesetzt hatte.