Die
Cim
luecentisten
Venedigs.
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worden, durch das glühend goldige Kolorit geradezu die Kunst
des Farbenzaubers. Damit konnte die Formbestimmtheit der
Florentiner sich nicht verbinden, denn je mehr der Farbenschein
zur Geltung kam, desto mehr musste sich der Umriss im tonigen
Dämmer, dem kein plastisches, sondern nur mehr malerisches
Sehen zugrunde Iag, lockern. Es war dies freilich nur Weiter-
entwicklung und Folge der quattrocentistischen Kunst Venedigs,
welcher ihrerseits der Farbenglanz von altersher durch die Musiv-
und Emailthätigkeit angeerbt war. Aber die Konsequenz Wurde
von einer 'l'rias ganz hervorragender Kräfte, wie sie im übrigen
Italien in gleicher Bedeutung nur vereinzelt auftraten, gezogen,
und so kam es, dass, Was Giovanni Bellini in der Gebundenheit
seiner Zeit nur anzubahnen verrnocht, im Zeitalter Raphaels und
Michelangelos zur glänzendsten und durchschlagendsten Ent-
faltung kam.
Wir schicken den grossen Vertretern des venetianischen
Cinquecento einige Sprüsslinge der bellinischen Schule voraus,
welche teils nicht die Kraft besassen, mit den Meistern gleichen
Schritt zu halten, und deshalb auf halbeln Wege stehen blieben,
teils aber in unruhigem Wanderleben infolge verschiedener anderer
Einflüsse das venetianische Element nicht in voller Geschlossenheit
und Kraft auszuprägen vermochten. Zu den ersteren gehären
Pier Maria Pennachi aus Treviso (1464_I528) und dessen
Sohn Girolamo Pennachi, dann auch des Fier hiaria jüngerer
Landsmann Rocco Marconi, thätig zwischen 1505 und 1520,
während manche andere unselbständige Bellinesken, wie Fram
cesco Rizo da Santa Croce und Girolamo da. Santa.
Croce, gestorben nach 1548, ihre Thätigkeit sogar bis in die
Mitte des 16. Jahrhunderts fristeten. Unter den letzteren, d. h.
unter jenen, welche durch stete Veränderung ihres Wohnsitzes
des stetigen Ansporns von seite ihrer grossen Landsleute verlustig
gingen, ragt Lorenzo Lotto hervor, um 1480 in Venedig
geboren. Frühzeitig nach Treviso, Ancona, Rom und Bergamo
gelangt und erst 1526 wieder nach Venedig zurückgekehrt, hatte
dieser auch jetzt seine Unruhe noch nicht zu meistern vermocht,
bis er nach mehrfachem anderen Ortswechsel 1550 für den Rest
seines Lebens nach Loreto übersiedelte. Diesen Lebensumständen
entspricht aber auch die Proteusnatur seiner Thätigkeit. Zunächst
bei verhältnismässig harter Formgebung bellinesk, wie dies der
xHieronymuse von 1500 im Louvre und die whiadonnaz von
1500 in Palazzo Borghese, oder das gleichzeitige Altarwerk in
S. Domenico zu Recanati zeigen, verrät er in der xGrablegungx
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