Einleitung.
"und in den schlanken Stützen mehr zu ornamentaler Polychromie
Gelegenheit gab. Anderseits aber auch dem Inhalte nach, durch
vdas nunmehrige Überwiegen der lyrischen Richtung über den
fepisch didaktischen Darstellungskreis der romanischen Periode,
wie er der ritterlichen und bürgerlichen Laienkunst der gotischen
Zeit im Gegensatz zu der münchischen der vorausgegangenen
entsprechend schien. Ausserdem erscheint es ganz natürlich, dass
namentlich in den Rheinlanden mit den architektonischen Ein-
Hüssen Frankreichs auch die dekorativen gleichen Schritt hielten
und dass damit mancher eigene nationale Vorzug geopfert ward.
Umfänglichere Arbeiten sind überdies jetzt sehr selten, die aus
dem Anfnng des 14. Jahrhunderts stammenden Malereien der
Kirche von Ramersdorf im Siebengebirge seit dem Abbruch der
Kirche nur mehr in Copien erhalten, so dass nunmehr unter
grüsseren Werken kaum mehr als die jenen zeitlich und stilistisch
folgenden Malereien der Chorschranken des Domes von Küln in
Betracht gezogen werden kännen, neben welchen die Gewülbe-
Ämalereien der Krypta im Baseler Münster oder die Szenen ans
{der Arbogastlegende der Kirche zu Oberwinterthur fühlbar zurück-
stehen. Erhaltene Profanmalereien einiger Burgen aber, wie
namentlich jene des Schlosses Runkelstein in Tirol, erscheinen
nach Inhalt und Darstellung wie Vergrässerungen des Miniatur-
schmuckes gleichzeitiger Handschriften.
In demselben Masse jedoch, in welchem der Betrieb des
Bilder-Wandschmuckes verschrumpfte, erblühte die durch die
konstruktiven Neuerungen der gotischen Architektur gefärderte
"Glasmalerei. Ihre in Reims und Tegernsee bis zum Ende des
IO. jahrhunderts zurückzuverfolgenden Anfänge waren in Deutsch-
land über ein Jahrhundert lang hüchst roh und kümlnerlich
gewesen, sowie dies die fünf erhaltenen Fenster des Doms zu
Augsburg aus der zweiten Hälfte des 11. Iahrhunderts zeigen.
Der entschiedene Fortschritt der "sogenannten Übergangszeit verrät
-dann eine zu deutliche Abhängigkeit von den franzüsischen Werk-
fstätten, speziell von den Glasmalereihütten von Chartres und
fParis, als dass an den erhaltenen Werken von Heiligenkreuz in
lÜsterreich, von Bücken an der Weser, von Legden und Soest
fin Westphalen und zu S. Kunibert in Küln etwas eigenartig
Nationales hervorgehoben werden kännte. Erst in der Blüte-
zeit der deutschen Gotik entfaltete sich auch in der Glastechnik
jener glänzende speziell deutsche Stil, der selbst die Leistungen
des Heimatlandes der Gotik übertrifft und bis zum Anfang des
16. Jahrhunderts vorhält.