Raphael.
Keine universelleZersplitterung wie beibLionardo, kein Zwie_
spalt wie bei dem malenden Bildhauer Michelangelo beeinträchtigte
die Entwicklung des dritten und grüssten Genies der Trias, nämlich
die des Raphael. Es blieben zwar auch ihm Ablenkungen nicht
erspart, von welchen die architektonischen wie archfiologischen
sogar sehr zu beklagen sind, aber sie kreuzten seine Bahnen erst,
a.ls die Thätigkeit des unsterblichen Malers im Zenith stand, und
stellten sich mehr einem umfänglicheren persünlichen Anteil an
der Ausführung seiner Schüpfungen, als seiner Kunst selbst
hindernd in den Weg. S0 vermochte Raphael in seinem kurzen
Leben mehr und geschlosseneres zu leisten als Lionardo wie
Michelangelo während ihres langen Ringens.
Raffaele Santi ist am 6. April 1483 zu Urbino als der
Sohn des Llmbrischen Malers Giovanni Santi geboren. Diesel-
konnte ihn Wohl nur mehr in den Anfalugsgründen der Kunst
unterweisen, denn er liess Raphael bereits am I. August 1494
als Waise zurück, es konnten daher nur gewisse Eindrücke seine;-
Bilder in Urbino, Cagli, Caldara und anderwärts im Geiste
des Knaben haften bleiben. Auch ist es sehr zweifelhaft, ob
Timoteo della Vite noch einen wesentlichen Einfluss auf den
Knaben ausüben konnte, denn bald nachdem Timoteo von Bologna
nach Urbino übergesiedelt, kam Raphael zu Perugino nach Perugia
in die Lehre 1495. Des jungexx Künstlers früheste Werke aber
zeigen wohl keine anderen Unterrichtseinflüsse als jene des Peruginq
I)ie erste Zeit seines Aufenthaltes in Perugia wird mit
Zeichenstudien nach dem Inhalt von Peruginos Studienmappen
und dann mit Aktzeichnungen vergangen sein, sowie beides
die Blätter des in der Akadernie zu Venedig verwahrten Skizzenbuchs
des jungen Raphael zeigen. Allein schon vor 150e von Perugino
zur Mitarbeit herangezogen bewies er seine Aneignungsfiihigkeit
in Altarbildern und Predellen, welche er nach Zeichnungen des
Meisters zur Ausführung überkam. Dahin dürfte die wAuferstehung
Christicc im Vatikan, das Altarwerk für S. Fortunato in Perugia,
jetzt im Madonnenmittelbild in der Casa Fabrizi zu Terni, in den
beiden Flügeln mit 2M. Magdalena und Katharinaa zu Alnwick
in England, und die xMadonna Diotalevice in der Galerie zu
Berlin gehüren, und nmüglicherweise die Reihe von fünf Predellen
mit Darstellungelu von der wTaufee bis zur wAuferstehung Christie,
zum Teil in München und zu dreien in Rouen, dazugerechxaet werden_