Michelangelo.
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Lehrer Ghirlandajo, aber auch Wenig Reiz und malerisches Ge-
schick, so dass es nicht wundernehmen kann, wenn er sich zunächst
ganz der Plastik zuwandte. Dafür aber schien, zumal seit er 1492
seinen mediceischen Günner durch den Tod verloren, Rom ein
für ihn fruchtbarerer Schauplatz, wo denn auch zwischen 1496
bis 1500 seine Kunst, von Antikennachahmungen ausgehend, bis
zur berühmten nPietäa von S. Peter die gewaltigste Steigerung erfuhr.
Erst nach seiner Rückkehr in die Heimat vermochte ihn
neben plastischen Arbeiten ein Auftrag der Signoria und wohl auch
die damit verbundene Rivalität zur Wiederaufnahnue der Mal-
thätigkeit zu bewegen. Allein seine für den Ratsaal des Palazzo
vecchio bestellte Darstellung des xSieges der Florentiner über die
Pisaner bei Cascina 136444, für welche der Künstler den Moment
wälulte, in welchem die vom Sonnenbrand leidenden Florentiner durch
das Erscheinen des Feindes aus dem Arnobade aufgeschreckt
sich schleunigst kampfbereit machten, gedieh so wenig über den
Carton hinaus und erhielt sich auch in diesem so Wenig, wie
Lionardos Anghiarischlacht. Doch sind wir über dessen Gestalxung
besser unterrichtet als über jene des Schlachtbildes Lionardos,
da. nicht bloss einige Naturstudien des Meisters sondern auch teil-
weise Nachbildungen des Werkes in den Stichen von Marcantonio
und Agostino Veneziano auf uns gekommen sind. Sie lassen es
als zweifellos erscheinen, dass Michelangelo die Badescene vor
der Schlacht hauptsächlich aus dem Grunde wählte, um Gelegenheit
zu ünden, in der Darstellung nacxter Männlichkeit in den ver-
schiedensten Stellungen und Bcwegungen fürmlich zu schwelgen.
Mussteu doch auch ihrer Natur nach sehr widerstrebende Gegen-
stände sich einer solchen Giganten-Auffassung fügen, wie das einzig
erhaltene ausgeführte Gemälde des Meisters aus dieser Zeit zeigt,
nämlich das für Angelo Doni gemalte Rundbild der whl. Fznniliee
in den Ufüzien zu Florenz (K1. B. 309), in Welchem er von alten
mraditionellen Vorstellungen absehend, die 111. Jungfrau zum kraft-
vollen Riesenweibe machte, ganz unmotiviert nackte Jünglings-
gestalten in den Hintergrund setzte und das Gzmze einem pla-
stischen Grundgedanken unterordnete.
Der grossariige Grabmalauftrag Julius IL batte den Künstler
1505 von den florentinischen Arbeiten abgerrlfen und abermals nach
Rom gebracht. Bekanntlich scheiterte das Riesenunternehmen oder
verschleppte sich vielmehr stark reduziert auf viel spätere Zeit.
Der dadurch entstandene Konüikt zwischen Papst und Künstler
aber wurde 1508 beigelegt, indem der gewaltthätige Kirchenfürst
jetzt mit einem grossen Gemäldeauftrag an den Meister herantrat.