Schule.
Brabantische
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zu seiner Lieistererklärung und Aufnahme in die Gilde von Tournay
verblieb, so ist es fast unmüglich, dass er den 1426 verstorbenen
Huybrecht van Eyck in Gent kennen gelernt und hüchst unwahr-
scheinlich, dass er sich mit Jan van Eyck zu Lille in Verbindung
gesetzt habe. Auch muss er frühzeitig als fertiger und hervor-
ragender Künstler sich geltend gemacht haben, sonst wäre er nicht
schon 1436 als Stadtmaler nach Brüssel berufen worden. Über-
dies erscheint er, abgesehen von der gemeinsamen Ültechnik, ganz
unabhängig von den van Eycks durch seine Richtung, Formen-
sprache und Malweise, wie er sie von vorneherein geübt zu haben
scheint. Seine Methode in kalten Farben mit grauen Schatten zu
wirken, kann so wenig der van Eyckschen Art und ihrer tonigen
braunen Schattierung entnommen sein, wie seine Beweglichkeit
und seine Vorliebe für historische und dramatische Darstellung den
Altmeistern von Gent und'Brügge mit ihrer sinnigen Zuständlich-
keit und Ruhe.
Leider sind die vier grossen Gerechtigkeitstafeln, welche
fRogier für das Stadthaus zu Brüssel gemalt, verloren. Allein schon
das Dramatische ihres Inhalts wie dessen Bewältigung: xTraian,
auf Bitten einer Mutter den Mürder ihres Sohnes richtendx,
xPapst Gregor I. die Seele Traians losbittende, xder gerechte
Herkenbald seinen eigenen Sohn verurteilend und tütenda und
xHerkenbalds letzte Wegzehrung durch einen Engel überbrachta
muss bedeutend gewesen sein, wie wir aus Dürers rühmenden
Wonen, namentlich aber aus dem erhaltenen Bilde der rKreuz-
abnahmea, von der Frauenkirche bei Lüwen in den Escorial ge-
langt (K1. B. 55), entnehmen künnen. Die pathetische Komposition,
das effektvolle dramatische Zusammenwirken der einzelnen Figuren,
die hageren harten der gotischen Plastik nahestehenden Gestalten
bilden den schroffsten Gegensatz gegen die Werke der van Eyck.
Das Bild ist übrigens in mehreren Wiederholungen auf uns ge-
kommen; von diesen dürfte das im Prado zu Madrid beündliche
als eine Atelierreplik und das Berliner Exemplar als eine Schul-
kopie zu betrachten sein, während die Verkleinerung von 1493
mit den Donatoren Edelheer auf den Flügeln, in S. Peter zu Lüwen
befmdlich, von Rogiers Hand herrühren kännte.
Ähnlichen dramatischen Charakters ist das kleine Marien-
triptychon von 1445 aus der Karthause von Miraüores in der
Galerie zu Berlin, die sGeburt Christicc, die zAuferstehuraga und
die wBeweinung Christix darstellend, wie auch das in zwei Exem-
plaren zu Berlin und Frankfurt a. M. befmdliche Johannesaltärchen
mit der vGeburt des Täufersa, der xTaufe Christie und der xEnt-