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Die
niederländische Malerei
des
Jahrhunderts.
Huybrechts wahrscheinlich gemacht. Von den übrigen Stücken,
zu welchen der Entwurf sicher Wohl auch von Huybrecht her-
rührt, besitzt die Galerie zu Berlin die vier Tafeln der unteren
Reihe, welche, beiderseits bemalt, an den Innenseiten die zur
Anbetung des Lammes nahenden wStreiter Christia, die wge-
rechten Richtem, die rrhl. Einsiedlera und die whl. Pilgere dar-
stellen, an den bei Schliessung des Schreines sichtbaren Aussen-
seiten dagegen die nbeiden hl. Johannese, in Nachahmung von
Steinstatuen in Grisaille gemalt, und die xbeiden knieenden Stifteng
Ist bei den in greifbarer Realität ausgeführten Bildnissen nach
den sonstigen gesicherten Porträts Jans dessen Pinsel unzweifel-
haft, so bei der ganzen Flügelgruppe und dem Hintergrund des
Mittelbildes durch die tropische Landschaft wenigstens wahrschein-
lich. Ebenso sind auch von den Flügeln der oberen Reihe die
beiden äusseren mit den lebensgrossen Aktfiguren von wAdam und
Evac (jetzt in der Galerie zu Brüssel) nach ihrem rücksichtslosen
Naturalismus sicher als Arbeiten Jans zu betrachten, während
die aVerkündigungx auf den Verschlussseiten der Tafeln mit den
vsingenden uud musizierenden Engelna zwischen Huybrecht und
Jan die Wahl lassen. Das Werk" war nach der am Rahmen
der vier unteren Flügel angebrachten vierzeiligen Hexameter-
inschrift von Huybrecht, dem ,grüssten der seitherigen Künstlerf
begonnen und von dessen Bruder Jan, ,dem zweiten in der Kunsv
vollendet am 6. Mai 1432. Es war dies sechs Jahre nach Huy_
brechts Tqd 1426).
Jan van Eyck, welcher nach Befreiung von seinem Hof-
dienste im Haag 142 5 in den des Herzogs Philipp des Kühnen
von Burgund in Lille übergetreten war, scheint bis 142g in
dieser Stellung geblieben zu sein, in welchem Jahre er von einer
Brautwerbungs-Mission seines Herrn aus Portugal zurückgekehrt
war. Von 1430-32 finden wir ihn mit der Vollendung des
Genter Altars beschäftigt, dann bis an seinen Tod (9. Juli 1440)
meist in Brügge sesshaft. Als Realist seinen Bruder noch
überbietend, aber dessen ideale Grossartigkeit in keiner Weise
erreichend oder erstrebend, wagte er sich nicht mehr an Auf.
gaben ähnlicher Bedeutung wie der Genter Altar und blieb auch
nach seiner Entfernung vom Hofe vorzugsweise Bildnismaler,
Als solcher aber wusste er die sprechendste und nicht selten rück-
sichtsloseste Wahrheit und Lebendigkeit mit einer Luft-, Licht-
und Tonwirkung zu verbinden, die z. B. das wDoppelbildnis
des Giovanni Arnoliini von Lucca mit seiner Gemahlin Jeanne
de Chenanyc von 1434 in der Nationalgalerie zu London