Volltext: Geschichte der Malerei vom Anfang des 14. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts

Flandrische 
Schnle. 
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Mittel dar, welches die van Eyck ohne Zweifel erst ergriffen, als 
sie sich in der Gouachetechnik des Miniaturwerks wie in der 
'I'e1npera des Tafelbildes an der Grenze des Müglichen sahen. 
In diesem Sinne und im Gegensatz zu dem längst verwendeten 
Ülfarbenanstrich im gewerblichen Dienst sind sie thatsächlich die 
Eründer der Ühnalerei. 
Doch war dies bloss Mittel zum Zweck. ilhr künstlerisches 
Ziel war, die realistischen Bestrebungen, wie sie bereits ihre Vor- 
gänger, die Miniatoren an den Hüfen Karl V. von Frankreich und 
seiner Brüder nach ihren relativ schwachen Kräften gepüegt, auf 
eine seit dem Altertum unerreichte Hühe zu steigern, und zwar 
nicht bloss im allgemeinen und in der Gesamtwirkung, sondern 
bis ins kleinste Detail. Der Konsequenz, mit welcher sie dies 
Ziel verfolgten, der hingebenden Sorgfalt, mit Welcher sie ihr 
Programm zur Ausführung brachten, entsprach auch der beispiel- 
lose Erfolg. Sie zeigten der staunenden Welt, was das schärfste 
Auge wirklich sieht, und bewältigten die Wiedergabe der Realität 
mit einer Meisterschaft, zu welcher nie Fleiss und Wollen allein, 
sondern nur das Genie zu gelangen vermag. Die Fesseln der 
Tradition Waren wie mit einem Schlage gefallen. 
Es giebt kaum einen zweiten Fall in der Knnstgeschichte, 
in welchem, in so scharfern und plützlichem Bruche die voraus- 
begangenen Bahnen verlassen und neue mit so glänzendem Ge- 
lingen erüffnet wurden, wie durch das Auftreten der van Eyck. 
WVenn es auch wahrscheinlich ist, so lässt es sich doch kaum erweisen, 
dass Huybrecht seinem Bruder vorzmging. Denn wir kennen von dem 
ersteren nur die letzten Lebensjahre und nur sein letztes Werk, 
dessen Vollendung überdies der länger lebende ]an besorgte. 
An diese ilnifängliche Schüpfung, das von dem Genter Bürger 
]oest Vyd und seiner Geniahlin Lisbet Burlut nach S. Bavo in 
Gent gestiftete Altarwerk, knüpft sich daher unsere ganze Kenntnis 
von Huybrechts Kunst. Dabei kännen für ihn nur die in 
S. Bavo zurückgebliebenen rnittleren "Ieile, niimlich die Figuren der 
pAnbetung des Lammesr: in der unteren Reihe, und die dre1 T afeln mit 
den lebensgrossen Gestalten Christi und beiderseits Mariä und 
des Täufers in der oberen Reihe, und ausserdem die einst an die 
letzten sich anschliessenden Flügel mit den singenden und musizieren- 
den Engeln, jetzt in der Galerie zu Berlin, in Betracht kommen. 
Diese Teile sind durch einen grossartigen idealen Zug, der sich 
mit der sonst realistischen Behandlung verbindet und sich an den 
beglaubigten Schäpfungen Jans nicht Ündet, von den übrigen 
Tafeln des Werkes ausgezeichnet, und dadurch als der Anteil
	        
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