Venedig-
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galerie zu London, eine Meisterleistung im Porträtfach, welche keinem
seiner religiüsen Werke nachsteht (K1. B. 141). Der Meister hatte
damals, als er fast 80 Jahre alt mit Dürer in Venedig zusammen-
traf, von diesem Wohl Weniger mehr anzunehmen und zu lernen,
als der grosse Nürnberger von ihm. Man empündet vielmehr in
den Werken seines letzten jahrzehnts eher einen Rückgang, und
soweit darunter überhaupt noch ganz eigenhiindige sind, so er-
scheinen sie Hüchtiger und schwächer. Innmerhin ist das Bild
mit den whh. Christophorus und Augustinusa von 1513 in S. Gio-
vanni e Crisostomo zu Venedig des Meisters noch würdig, das
wGätterbacchanaka von 1514 in Alnwick, das Tizian vollendete,
geradezu bewundernswert. Giovanni Bellini starb am 29. Nov. 1516.
Von den Nachfolgern der Gebrüder Bellini ist der Istrier
Vittore Carpaccio (Scarpaccia) der bedeutendste. Erst bei
den Vivarini und dann bei Gentile Bellini gebildet, scheint er
den letzteren 147g nach Konstantinopel begleitet zu haben, was
jedoch durch seine Vorliebe für Verwendung orientalischer Trachten
noch nicht bewiesen wird, da er für diese an der Riva von
Venedig ebensoleicht die Modelle ünden konnte, als am goldenen
Horn. Den engen Anschluss an Gentile Bellini. bezeugt nament-
lich sein Hauptwerk, die drei ügurenreichen, 149o_1495 ge-
malten Ursrllabilder der Scuola di S. Orsola, jetzt in der Akademie
zu Venedig (K1. B. 170, zoo), doch erreicht der Künstler trotz
vollendeter Linien- und Luftperspektive, trotz klarer Darlegung
des Vorgangs, bemerkenswerter Wahrheit des Kostüms Wie der
Architektur und reizvoller Landschaft weder die geschicktere
Technik des Gentile noch den Schwung Giovanni Bellinis. Noch
sveniger in seinen späteren Andachtsbildern wie in der vrBestattrlng
Mariäq von 1508 in der Galerie zu Ferrara (K1. B. 260) oder in
dem Cyklus von zehn Gemälden in S. Giorgio de' Schiavoni von
15oz_15o8, wenn auch die wDarbringung Christix von 15x0
durch die lebendige Mimik hervorragt. Seine letzten Arbeiten,
wie der Vitalealtar von 1514 in S. Vitale und die frI-Iinrichtung
der Zehntausend in Nikomedienr oder die gleichzeitige wBegegnung
Joachims und Annascä, beide in der Akadennie zu Venedig, werden
geradezu mangelhaft in Formgebung und Komposition. Über 1518
aber hinaus fmden sich keine weiteren datierten Werke.
Geringere Kräfte sind Lazzaro Sebastiani und Bene-
detto Diana, die zwischen paduanischer, vivarinischer und
bellinesker Richtung ihren zwitterhaften Weg suchten, Giovanni
Mansueti, der aus dem Bellinismus schliesslich in die spezielle
Nachahmung Cimas verfällt, und Marco Mar ziale, bemerkens-