Doppelchöre
Nonnenklöstern.
Die im Folgenden zu behandelnden Monumente weichen von dem Complex
der bisher betrachteten in wesentlichen Stücken ab. Local beschränken sie
sich auf das nördliche und mittlere Deutschland; zeitlich müssen wir bis in
das neunte Jahrhundert zurückgreifen. Meist werden wir wiederum Erzeugnisse
der bewundernswerthen Bauthätigkeit des Benedictinerordens treffen. So stiftete
in der zweiten Hälfte des neunten jahrhunderts ein Bischof Alfrid aus dem
schon erwähnten Kloster Hildesheim das Nonnenkloster Essen, dessen Kirche
im Jahre 874 vollendet wurde. Architektonisch ist dieselbe eines der inter-
essantesten und bekanntesten Denkmäler und zwar hauptsächlich wegen des
hier in Betracht kommenden Theiles, des Westbaues. Dieser ist in Nachbildung
der karolingischen Schlosskapelle zu Aachen in Gestalt eines Halbpolygons
dem dreischiffrgen Langharlse vorgelegt; aber hier soll dieser chorartige Vorbau
kein (irab oder keinen Altar eines Schutzpatrons verherrlichen, sondern eine
Empore umschliessen, die sich vielleicht noch über die Seitenschiffe ausdehnte,
auf der die Nonnen des Stiftes ihre abgesonderten Sitze erhielten mit dem
freien Blick auf das gegenüberbefmdliche Sancttlarium. Diese Anordnung
einer Empore an der westlichen Schmalseite blieb nicht vereinzelt. ln der
dem Westbau von Essen ziemlich gleichzeitigen Stiftskirche zu Gernrode
am Harz dürfen wir die gleiche Einrichtung annehmen. An den westlichen
Wandpfeilern des Mittelschiffes sind hier Ansätze von (lewölbebögen nach-
gewiesen, welche eine westliche Eingangshalle überspannten und eine Empore
trugen, die sich nach dem Mittelschiff hin öffnete und mit den Emporen der
Seitenschiffe in Verbindung stand. Gerade in den Nonnenklöstern des Bene-
dictinerordens begegnen wir einer solchen westlichen Empore sehr häufig. ln
ganz ähnlicher Anlage wie in (jernrode ist sie nachgewiesen in den Stifts-
kirchen zu (Jandersheim (nach 1073), zu Breitenau in Hessen (1142) und zu
(Quedlinburg {nach 1070). Die in (lernrode dem westlichen 'l"hurmbai1 vor-