vom
Doppelchöre
achten
bis
ins
elfte
Jahrhundert.
15
lm Jahre 888 ging die Würde des räbtes von Reichenau auf Hatto, den
späteren Erzbischof von Mainz, über. Bald nach seinem Amtsantritt gründete
er am oberen Ende der Insel die Probstei Oberzell, nach Adlers Worten "wie
im Wetteifer mit Bischof Egino von Verona, der am unteren Ende der Insel die
Probstei Niederzell gestiftet hatte." Durch eine in Rom erworbene Rcliquie des
heil. Georg ward die Kirche bald zu einem vielbesuchten Wallfahrtsort. Diesen
Bau des Hatto hat Adler in den östlichen Theilen der heutigen Kirche ent-
deckt. Er bestand aus einem einschifügen Langhause, an das sich östlich die
Vierung mit geradlinig geschlossenem Chor nebst Krypta und zwei im Halb-
kreis geschlossenen Kreuztltigeln anlehnte. l)ie lrlriveiterung dieser Anlage zu
einer dreischiftigen Kirche mit gerade geschlossenen Querschiffarinen und west-
licher 'I'ribuna setzt Adler, zum Theil auf (lrund der byzantinisirenden Kapitell-
formen der Säulen des Nüttelschiffes sowie der Doppelarkaden in den Fenstern
der Apsis, in den Schluss des zehnten und Anfang des elften Jahrhunderts.
Der innige Verband in der Steinfiigung zwischen Langhaus und Apsis erweist
ihm die Gleichzeitigkeit beider Bautheile. Adler vermuthet nun, dass der kurzen,
aber intensiven Bauthätigkeit des Abtes llitigowo (984_996) die Erbauung des
Langhauses, und seinem Nachfolger Berno die Weiterführung des Baues und
zwar speciell der Apsis mit dem darin angebrachten grossen Portale zufällt
(etwa 1010). Gegen 40 Jahre später ist dieser Westapsis aussen eine oblonge
Vorhalle vorgelegt. Ein bestimmtes Motiv zur Anlage dieser Westapsis ver-
mögen wir nicht zu erkennen, vielmehr erscheint sie hier als ein nach dem
missverstandenen Vorbild von Niederzell oder St. Gallen lediglich decorativ
verwandter Bautheil. Dass die Apsis von Anfang an von jenem Portal durch-
brochen gewesen, resultirt einmal aus dem "Mangel jeglichen anderen Einganges
und zweitens aus der Form des Portals wie der Vorhalle, "welche, nach der
völligen Uebereinstilnmung ihrer Kunstformen mit den sicher zu (iatirenden an
der Münsterkirche von Mittelzell zu schliessen, etwa 1048 erbaut ist." Diese
Verwendung der Westapsis als Eingang ist ohne Wiederholung geblieben, ein
läeweis für die Zweckwidrigkeit dieser Bestimmung läaugliedes.
Es bleibt uns auf der Reichenau noch die Untersuchung der dritten Kirche,
der Hauptkirche St. Maria und St. Marcus zu Mittelzell. Nach der eingehenden
Analyse der einzelnen Bautheile durch Adler ist die Vermuthting von Hübsch l),
es möchte der Bau von 816 fast vollständig erhalten sein, als widerlegt zu
betrachten. Jenen Bau des Hatto erweiterte der schon erwähnte Witigowo in
den Jahren 984-91, worauf er, nach bereits erfolgter l-rlinweihung, noch die
hoch gelegene Michaelskapelle der westlichen Schmalseite anfügte. Von diesem
Neubau des Witigowvo findet Adler noch die Scitenschitifmzruern erhalten, und
diesen gleichzeitig soll eine Säule in der westlichen Schmalseite des südlichen
I) Die altchristlichen liirchm
Beiträge zur Kunstgeschichte. V.
Carlsruhe
1862.
x09 fll.
Atlas
Tafel
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