Volltext: Über den Ursprung und die Bedeutung der Doppelchöre

Doppelchöre 
achten 
vom 
elfte Jahrhundert. 
Wir wenden uns nunmehr dem schon öfter berührten Bauplan von St. Gallen 
zu, der „wie eine Illustration zu den Nachrichten über Centula erscheint." 
Hier wie dort haben wir den Grundplan 1) der kreuzfönnigen, doppelchörigen 
Basilika; desgleichen in der Längenachse fünf Altäre, und zwar in der östlichen 
Apsis den des Paulus, davor im quadratischen Raume (entsprechend dem 
buticum von Centula) den Altar des heil. Gallus und der Maria, im Mittelschiff 
den des heil. Kreuzes und westlich von diesem den Altar des Johannes, sowie 
endlich in der Westapsis den des Petrus, Die Unterschiede zwischen Centula 
und St. Gallen hinsichtlich der Widmung der Altäre beruhen auf localen Be- 
dingungen. Die erste, von Gallus ("f 640) errichtete Kirche war dem Petrus 
geweiht gewesen, die zweite, von Ottmar (720  60) erbaute dem Paulus. 
Der Altar des Letzteren fand auf dem Plane von 820 wiederum die ehren- 
vollste Stätte, im Ostchor; aber, Dank dem Vorbild von Centula, wusste man 
auch dem Schutzpatron des früheren, ersten Baues eine bedeutsame Stätte 
zu weihen: wie in Centula dem Salvator, so erbaute man hier dem Petrus 
die westliche Apsis als Altarstätte.  Die vielen übrigen Punkte der Ueber- 
einstimmung zwischen St. (Ballen und seinem Vorbild Centula wollen wir hier 
nicht weiter berühren; es erübrigt uns nur noch ein Wort über die Sängerchöre, 
die in der Beschreibung von Centula und auf dem Plane von St. Gallen als 
Chorus oder Chorus psallentium erscheinen. In Centula sahen wir drei Ab- 
theilungen des Chores, in der östlichen Vierung, beim Altare des heil. Kreuzes 
(in medio ecclesiae) und im „VVestthurine", vor der westlichen Apsis. Dem 
entspricht die Vertheilung der Sangerchöre in St. Gallen. In der Vierung vor 
dem Ostchor lesen wir die Worte: chorus psallentium, in dem durch Schranken 
etwa bis zur halben Breite des lllittelschiffes eingeengten Raume 2) vor der 
Westapsis steht das Wort chorus und endlich sieht Graf eine Hindeutung auf 
den dritten Chor in den Schranken vor dem Altar des heil. Kreuzes. 
An die Vertheilung der Sangerchöre knüpfte Kugler  seine Erklärung der 
Doppelchöre, indem er den beiden Apsiden den Zweck unterlegt, die getrennten 
Sängerchöre des Abtes und des Priors aufzunehmen. Das von ihm missver- 
standene Citat aus Du Cange, Glossar  v. chorus hat Otte 4) richtig erklärt. 
Dagegen ist die Erklärung Schnaases, 7') dass es überaus zweckwidrig gewesen 
wäre, diese Chöre, deren Wechselgesang rasch einfallen sollte, durch die ganze 
x) Den Grundriss der Kirche von St. Gallen nach dem Bauplane von 820 s in der 
Monographie von F, Keller; ferner bei Sclinaase, a. a, O, Bd. 111, S. 549, bei Graf, a. a. O. 
Tafel VII, Fig. 3; Orte, a. a. O. u. a. 
2) In der Einengung dieses Raumes findet Graf einen Hinweis auf die Verstärkung der 
Pfeiler behufs eines Westthurmes. 
3) Geschichte der Baukunst, Bd. 1, S. 4I4. Anm. 
4) Geschichte der roman. Baukunst, S. 273, Anm. 2. 
5) a. a. O. Bd. 1.11, S. 552. Anm 2.
	        
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