achten
vom
Doppelchöre
elfte
bis ins
Jahrhundert.
Erlernung neuer Riten und neuer Bautechnik. Sollte in jener Zeit ein Kloster
wie Centula mit seiner berühmten Salvatorkirche, der fulgentissinla ecclesia
omnibusque illius teniporis ecclesiis praestantissima in Deutschland, in Fulda
unbekannt geblieben sein? Die Hypothese 2), der Bauriss von St. Gallen sei in
Fulda angefertigt worden, würde, falls sie haltbar wäre, die Abhängigkeit Fuldas
von Centula fast zur Evidenz beweisen, denn dieser Plan zeigt, die Abweichung
in der Dedication zweier Altäre abgerechnet, fast ein Spiegelbild der Kirche
jenes fränkischen Klosters. Allein diese KTerInutuung, die zuerst Otte aufgestellt,
hat durch Schnaase ü) einen starken Angriff erfahren. Der Vorsteher der Fuldaer
Klosterschule, Rhabanus Maurus, an den sich Abt Gozpert von St. Gallen mit
der Bitte um einen Bauplan gewandt haben soll, wird durch keine Chronik als
Architekt erwiesen, und "jedenfalls würde der gelehrte Mann nicht so schlechte
Hexameter gemacht haben, wie sie sich auf dem Bauriss finden." Aber
2111011 ohne der Kirche von Fulda die Mittlerstellung zwischen Centula und
St. Gallen aiiziuveisen, glauben wir nicht zu viel zu behaupten, wenn wir Fulda
in directe Abhängigkeit von anderen grossen Benedictinerabteien und vor Allem"
von Centula, stellen. Für uns spricht dabei das Freundschaftsverhältniss zwischen
Angilbert von Centula und Erzbischof Rikolf von Mainz, in dessen l)iöcese
Fulda 18g, und dessen Vorgänger Lullus von Bonifacius selbst mit der Voll-
endung der Salvatorkirche betraut worden war, 4) weshalb auch Rikolf dem
Bau dieses rasch sich vergrössernden Klosters seine Fürsorge geschenkt haben
Wird- In der Dedication der beiden Chöre weicht Fulda von Centula ab.
Dort blieb der Ostchor dem Salvator geweiht, wie es schon Bonifacius bestimmt
hatte; dieser selbst erhielt seine Grabstätte im Westchor. 5) Handelte es sich
hier dOCh auch nicht um einen völligen Neubau, der zu einer neuen Dedieation
der Kirche Anlass geboten und so vielleicht den Altar eines neuen Schutz-
patrones im Ostchore verlangt hätte, sondern um die Verherrlichung einer Grab-
Stätte, ein Gedanke, für dessen architektonische Ausprägung nicht in Fulda
selbst, sondern auswärts und ztvar M011 ullSerer Meinung in Centula das Vor-
bild zu suchen ist.
I) Vgl. Graf a. a. O, S, m; Von Sturms Bauthätigkeit nennt die Chronik nur eine
Ausschmückung (ornare) der Kirche, die Erweiterung derselben erfolgte erst unter Baugulf und
Ratgßr- Vgl. Pertz, Mon. Germ. r. II. Vira S. Swrmi 19-373 ff.
2) Otte, Geschichte der roman. Baukunst, S. 93. Dohme, Kunst u. Künstler, Bd. l, S. 7.
3) Geschichte der bildenden Künste, 2. Aull- Bd- In: 5- S451 A. 2.
4) Vgl- Graf, a. a. 0. S. nz, und Otte, a. a 0. 5- 53-
5) Wenn es in der Vita des Eigil (Mabillon, l. c. lV, l, p, 255) bei der Translation
der Leiche des Bgnifacius heisst, der Zug habe sich bewegt ad aram in parte occidua
(seil. ecclesiae) Rßmano more peractan], so ist darin wol weniger die Meinung aus-
gesprochen, der Westchol- Sei eine römische Plrfmdung oder Doppelchöre in Rom gebräuchlich,
als vielmehr die Erinnerung an die in den ältesten römischen Kirchen übliche Anlage des
Sanctllariums an der westlichen Schmalseite der Basilika und des Einganges im Osten derselben.