Volltext: Geschichte der Malerei im XIX. Jahrhundert (Bd. 3)

XXXIV. 
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entschlüpft, bald ernst und zürnend wie ein Erzengel, der die Sündigen 
ztustreibt,  heute feurig, morgen melancholisch, bald verliebt, ncckisch, 
heiter und zärtlich, bald melancholisch, zu Tode betrübt. Er lacht 
unter Thränen und weint unter Lachen, singt den Dies irac nach 
einem (louplet von Offenbach;  trägt selbst ein schwarz- und weisses 
Gewand, ist mystisch und sinnlich zugleich. Seine Blätter sind 
prickelnd wie perlender Sect und athmen die sanfte, klagende Seele 
der Volkslieder. 
Fomin steht neben diesem liebenswürdigen Pierrot als der moderne 
Satyr, der echte Sprössling der Goncourts und Gavarnis, das Pro- 
duct modernster Decadence. NVas Paris an Laster und Grazie, was 
die Welt an Luxus, die Halbwelt an Chic enthält, hat er geistreich 
gezeichnet, in kühn stenographischer Ausführung, mit der Eleganz 
des sicheren Praktikers. Jeder Strich sitzt auf Anhieb in SCl1l'lCltfllgCl' 
Energie und endgültiger Grazie. Ehebruch, Spiel, Chambres separees, 
Wagen, Pferde, Villa im Bois de Boulogne, dann die Kehrseite: Ent- 
ehrung, Diebstahl, Hunger, Koth der Strasse, Pistole, Selbstmord  
das sind die Hauptetappen des modernen Epos, das Forain schrieb. 
und über allem schwebt mit lächelnder Grazie die Pariserin, die 
Tänzerin wie ein Hauch der Schönheit. Sein Hauptstudienfeltl ist 
das Promenoir der Folies-Bergere: die feinen Silhouetten blutloser 
Sängerinnen und die dicken Fleischmassen schlemmender Gourmes. 
das freche Lachen und die todten Augen der Dirne, die dünnen Taillen. 
mageren Arme und dämonischen Hüften welkender, in Seide ge- 
schnürter Körper. Kleine Tänzerinnen und dicke Roties, Snobs in 
kurzem weitem Ueberzieher, colossalem Kragen und langen Schnabel- 
schuhen  sie alle bewegen sich, leben, strömen den Odeur ihrer 
Atmosphäre aus. Es ist Geist in der Linie eines Ueberzichers. den 
Forain zeichnet, im Meublement eines Zimmers, im Fall eines Pelzes 
oder einer Seidenrobe. Er ist Meister im flüchtigen leichten Erfassen 
der definitiven Linie. Jedes seiner Blätter ist wie eine geistreiche 
Causerie, die sich schon durch Andeutungen und Augenzxxrinlaern 
verständlich macht. 
Paul Renouarrls Name ist von der Oper untrennbar. Schon 
Degas hatte mit wunderbarer Sachlichkeit, feiner Ironie oder un- 
heimlicher Todtentanzstimniung die Oper und die Tänzerinnen ge- 
malt. Aber Renouard ahmte Degas nicht nach. Er gehörte 1871 
als Schüler von Pils zu den Vielen, die damals bei der Decoration 
des Treppenhauses der Neuen Oper beschäftigt wurden, und erhielt
	        
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