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DEUTSCHLAND
! wie zu Novalis Zeiten in der Welt
der blauen Blume, wo Sonne,
Mond und Sterne den Dingen eine
über das Irdische hinausgehende
I" Etrbenreiche und duftende, freilich
darum auch verganglichere Schön-
heit leihen. Die andern, mehr hel-
lenisch formenstreng, haben einen
. Hang zum Stilisiren, zu primitiver
classischer Einfachheit. Die dritten
dankcnhatften, allegorischen Erhnd-
ungen. Nur die eigentliche Deca-
dencestinimting, die epidemie de
languetir, wie Andre MlC-lltlr
t nannte, hat vielleicht e1n Lei.
chen der gesunden Urkraft deut-
schenVolksthums vorläufig noch
Fra"? 5mm keinen Interpreten.
Ludwig von Hofmauu schwelgt
in coloristischen Reizen, stellt rothe Biiume, blaue Felder und grüne
Himmel zu geschickten Farbenmentis zusammen. Auf dem fernen
Meere lagern etwa tiefblaue Wolken. Die NCbClSClJlCiGI darüber sind
von rothen und- grünen Sonnenstreifen durchkreuzt, Thauperlen
blitzen, und drei Backfische in hellen griechischen Elorgewändern,
mit langem, orangegelbem Haar laufen, Arm in Arm geschlungen,
lachend in die reinen Fluthen der See. Ein anderes seiner Bilder
war eine Symphonie in rosaroth. An einem Baume hängen schwere
gelbe Rosen, Blumenwälder unikränzen einen grossen See, glüh-
endes Purpurroth füllt die Wasser. Schwäne gleiten durch die
Schilfgewächse, schwarze Glockenblumen wiegen sich am Ufer und
eine einsame Frauengestalt blickt sinnend in die flüsternden Wogen.
Ein drittes zeigt ein blaugrünes Dickicht, in dem tiefblaue Gift-
blumen wuchern. Adam schläft und Eva lauscht neugierig den zisch-
enden Worten der Schlange. Oder zwischen Blumensträuchen und
hohen Palmen, deren grüne, fächerartige Blätter im gelben Himmels-
licht schwanken, liegt still ein schattiger Weiher, aus dem der knaben-
haft feine Daphnis, bis an die Hüften im Wasser stehend, schwermüthig
zu seiner blondlockigen Chloe aufblickt. Seine endgültige Ausdrucks-