Volltext: Geschichte der Malerei im XIX. Jahrhundert (Bd. 3)

DEUTSCHLAND 
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mächtigen Naturgefühl, das 
einst die Gestalten ' des 
griechischen Mythus gebar. 
Wenn der alte Grieche vor 
einem Wasserfall stand, gab 
er dem Gesehenen mensch- 
liche Gestalt. Sein Auge 
erblickte die Umrisse 
schöner nackter Weiber, die 
Nymphen des Ortes, im fal- 
lenden. Strom der Kaskade; 
der Schaum war ihr Hat- 
terndes Haar, er vernahm 
ihr muthwilliges Plätschern 
und Lachen im Wasser- 
geriesel und im Aufspritzen 
des Schatumes. Das elemen- 
tare NHIUFWZIlIGD, das ge- 
heimnissvolle Weben der Na- 
turkräfte verkörperte sich zu 
plastischen Formen: 
Alles wies den eingeweihten Blicken, 
Alles eines Gottes Spur    
Diese Höhen füllten Oreaden, 
Eine Dryas lebt in jedem Baum, 
Aus den Urnen lieblicher Najaden 
Sprang der Ströme Silberschaum. 
jener Lorbeer wand sich einst um Hilfe, 
Tantals Tochter schweigt in diesem Stein, 
Syrinx' Klage tönt aus jenem Schilfe, 
Philomelas Schmerz aus diesem Hain. 
Durch den gleichen Seelenvorgang erstehen die Wesen, die 
Boecltlins Bilder bevölkern. Er hört Bäunie, Flüsse, Berge, die ganze 
Natur flüstern wie mit menschlicher Sprache. Jede Blume, jeder 
Strauch, jede Flannne, die Felsen, Wogen und Wiesen, todt und un- 
emphndlich dem gewöhnlichen Auge, führen für ihn ein eigenes 
lebendiges Dasein, so wie die alten Dichter den Blitzstrahl für einen 
feurigen Vogel, die Wolken für die Heerden des Himmels hielten. 
Die Steine nehmen eine Stimme an, die weissen Mauern verlängern
	        
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