XLIX.
Frankreich.
ARL Huysmans hat ein seltsames Buch geschrieben, worin er
k in nuce Alles zusammenstellt, was dem modernen Gourme
künstlerisch schön erscheint. aA RCbOUfSa ist die Geschichte
eines typischen Decadents, die meisterhafte Analyse der Sensationen
und Ideen der überfeinerten Gesellschaft des Jahrhuiuierteiides. In
unsicherer Angst vor allem Banalen und Alltäglichen des modernen
Lebens hat Des Esseintes, des Held des Romans, sich inmitten der
barbarischen grauen Welt gleichsam ein künstliches Paradies errichtet,
in dem er einsam dahinlebt, nur im Verkehr mit den Kunstwerken
und Büchern, die seinem exquisiten Geschmack behagen. Alle Politik
ist ihm gleichgültig, da er auf der Weltbühne doch nur schlechte
Komödien von mässigen Schauspielern gespielt sieht. Religiös möchte
er wohl sein, doch die Allerweltsreligion stösst ihn ab, darum
erhofft er nach dem Untergang der gegenwärtigen Cultur
die Erlösung des kommenden Geschlechtes durch einen neuen
mystischen Glauben. Alles Streben verachtet er, denn trotz alles
Suchens hat er kein Ideal gefunden, das ihm der Mühe werth scheint.
Aber auch sich selbst verachtet er, denn er ist tinvermögend und
schwach und dies Bewusstsein erfüllt ihn mit Bitterkeit und dumpler
Schwermuth. An der Frau schätzt er nicht gesunde kraftvolle
Schönheit, die zum Leben undZeugen reizt, sondern eine über-
reife, herbstliche, hysterische Schönheit mit geisterhafter Blässe und
todtkranken tief bezaubernden Augen. Als Historiker studirt er die
Decadencezeiten, da. er sich auch von wilden Barbarenhorden um-
geben, diesen alten, an Raflinement sterbenden Civilisationen sich
verwandt glaubt. In der Literatur liebt er: von lateinischen Schrift-
stellern Apulejus und Petronius, von Franzosen Baudelaire, Gon-
court, Verlaine, Mallarme, Villiers. Als Kunstfreund definirt er mit
Goncourt das Schöne als das, was Leuten ohne Bildung aus Instinkt
missfalle. Die Kunst, die er verehrt, redet eine andere Sprache