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XLVIII.
UND
WHISTLER
SCHOTTEN
DIE
Nur decorativ spleenig wirkte David Gnnld, der das höchste Ziel
der Kunst darin sah, eine verschwenderische Fülle widerstreitender
Farben und toller Formen, sei's mit Gewalt, durch genialen Geschmack
zu bändigen. Einige seiner Bilder mit Wolkeneffekten wurden treffend
mit dem Glasmosaik verbleiter Kathedralfenster verglichen. Schwarz
und grün oder grün und blau watren seine liebsten Zusammenstell-
ungen. Guthrie nahe stand der in Edinburgh lebende T. Azoren Brotun,
der nach Art der Japaner sich gern in blaugrünen Harmonien erging.
james Wlzitelaw Harniltoiz malte Landschaften, in denen kaltes Grün
keck auf glühendes Roth, helles Gelb auf tiefbratines Grün gesetzt
war. Als genialer Aquarellist erschien foreplz Cratulzall, der Pferde,
Papageien, Kameele, Enten, Stiere meist mit wenigen energischen Farb-
tönen malte. Von einer abgeschlossenen Bildwirkung war keine Rede.
Wie Hokusai gab er nur die wlebenden Pllllliteää, diese aber mit
der ganzen Treffsicherheit der Japaner. Namentlich auf einem Blatt
wAm Ententeichx war die Lebendigkeit der auf dem Wasser schnell
hinschwimmenden Enten so erstaunlich zum Ausdruck gebracht,
dass man jeden Augenblick ihre Bewegung zu sehen meinte. Maconlay
Sievensen, wegen seiner Vorliebe für Mondscheinefifekte von den
Boys the Moonlighter, der Mondanzünder, genannt, der unter-
nehmende P. Macgregor Wilstnz, der auf seinen Kunstreiscn bis nach
Persien vordrang und dort den Schah und seine Minister malte,
K. M. G. Coventry, dessen Bilder meist nichts sind als Schattirungs-
Symphonien in Blau, Thomas Cormn" Morton, Alexander Fretu, Harry
Spence, Harrinätloii Mann, M. Dow, A. B. DOCIIFFI], Pirie, Park,
D. Y. Cameron, f. Reid-Mzirray waren, wie Cornelius Gurlitt in Wester-
manns Monatsheften geistvoll geschildert hat, noch lauter schottische
Künstler hohen Ranges, von denen jeder in seiner phantastischen
Welt lebte, jeder sein gluthvolles Temperament in ganz eigene
Kunstformen ausgoss.
Seitdem die Schotten nach ihrem ersten grossen Erfolg alljähr-
lich auf deutschen Ausstellungen erschienen, hat sich der überlaute
Enthusiasmus, der sie 1890 begrüsste, ein wenig abgekühlt. Man
merkte, dass die Werke, die das erste Mal frappirteil, doch nicht
so zufällig zusammen gekommen waren, sondern den Extrakt des
Besten enthielten, was die Glasgower Schule überhaupt zu zeigen
hat. Und es blieb auch- den Durchschnittsleisttmgen gegenüber-
nicht verborgen, dass ein gewisser äusserlich kunstgewerblicher Zug
ihnen atnhaftet, der, zum Schztffensprincip erhoben, leicht zur Schablone