Volltext: Geschichte der Malerei im XIX. Jahrhundert (Bd. 3)

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XLVIII. 
WHISTLER 
UND 
Scnorrzaw 
ungebrochener, scharfer Farben wirkte das Bild wAndrew mit ihren 
Ziegenk. Inmitten der purpurrothen schottischen Herbstnatui" stand 
ein rothhaariges Mädchen mit einer rothbraunen Ziege vor einem 
rothen Baum  ein anscheinend barbarisches Farbenproblem, wie es 
gleich geschmackvoll bisher nur Japaner lösten. 
Melvilles Genosse in Patris und Tanger, folm Lavery, neigt mehr 
zu der duftig verschwommenen Art von Khnopff und Whistler hinüber. 
Sein vTenn-isparkr, eine reizende Illustration aus dem englischen 
Gesellschaftsleben, frappirte durch die Weichheit und Vornehmheit 
des Tones, schon bevor man in Deutschland Werke der anderen 
Schotten kennen gelernt. Seine Ariadne, ein Pastell in Lebensgrösse, 
verrieth, dass er er die zarten in Duft verschwimmenden Idealfiguren 
des grossen Frederick Watts mit Verständniss betrachtet hatte. Neben- 
her gingen aber auch bei Lavery Bilder von echt schottischer Dumpf- 
heit, gleichsam gemalte ossianische Strophen. In seiner sKönigin 
Mary von Schottland am Morgen nach der Schlacht bei LOHgSlClCk 
war die Geschichte ganz zur Dichtung verklärt, geheimnissvolle Le- 
gendenstinlmung schwebte darüber. Und derselbe Träumer malte 
Repräsentationsbilder wie den wEtnpfatng der Königin Victoria auf der 
Glasgower jubiläumsausstellting 188W, worin er zeigte, dass auch so 
nüchterne Dinge wie Empfangshallen, himbeerfarbige Teppiche, Uni- 
formen und schwarze Fräcke etwas Anderes als öde Bilderbogen 
ergeben können. 
faules Guthrie, der Sohn einesschottischen Predigers, ist ebenso 
mächtig, als Lavery zart ist. Als seine Eltern in London wohnten. 
erhielt er dort bei Pettie seine Ausbildung, war dann eine Zeit lang 
in Paris und befreite sich von Petties altmeisterlich pikanter goldiger 
Coloristik, als er im Sommer I888 in dem schottischen Dörfchen 
Cockburnspath arbeitete. Hier entstand sein breit und derb gemaltes 
Bild ßIITI Obstgarten K, mit dem er 1890 auf der Münchener Ausstell- 
ung sich vorstellte. Keine Nippfiguren führt er vor, keine feinen 
Farben werben um Beifall. Aber über die kühne Breite und frische 
Natürlichkeit, mit der Alles gemalt ist, würde Frans Hals sich freuen. 
Gross in seiner Einfachheit wirkte das Bildniss des Rev. Dr. Gärtner. 
Ein lebensgrosses Reiterporträt erreichte einen Anflug wahrer Monu- 
mentalität. Daneben sah man eine Reihe farbenfroher Pastelle aus 
dem Gesellschafts- und Volksleben, aus dem Gewoge der Weltstadt 
und dem Frieden des Dorfes: schöne Frauen in weissen Roben. 
die im Halbdunkel träumen, schlanke Tennispielerinnen auf duftigem
	        
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