Volltext: Geschichte der Malerei im XIX. Jahrhundert (Bd. 3)

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XLVIII. 
WHISTLER 
UND 
Scn0' 
besass Edinburg den mitnnlichsten und kühnsten aller britischen 
Bildnissmaler, einen Meister von mächtiger Plastik und V elazquezscher 
Waicht. Während Reynolds seine Bilder in altmeisterlich feine Töne 
zusamrnenstimmte, malte Ratebtirn seine Modelle unter scharfem Ober 
licht. Die schreiendsten Farben rother Amtsröclte, grüner Hochlands- 
joppen, bunter Frauenkleider sind ruhig, fest, sicher, ohne Abtönung 
neben einander gesetzt und gleichwohl zu harmonischer Einheit ge- 
bändigt. David Wilkie, der treffliche Genrenraler, gewann bald darauf 
einen europäischen Namen. Die beiden [aber], folm und Thomas, setzten 
Wilkies harmlose Kunst bis zur Gegenwart fort; Erslrintz Aliml übertrug 
Ostatdes Goldton auf Vorgänge des irischen Lebens; George Harvey, 
seit 1864 Präsident der Edinburger Akademie, wurde der schottische 
Defregger, dessen Bilder im Kupferstich weite Verbreitung fanden. 
Die Landschaftsmalerei begann mit Alexander Äfasnzytlz, der etwa 
mit Old Crome, dem englischen Hobbema parallel geht. Noch be- 
rühmter wurde sein Sohn Patrick, ein Maler für Amateurs, dessen 
Bilder sich neben guten alten Holländern behaupten. Edmund Tlzornfuu 
Cratuford that einen ähnlichen Schritt wie in England Constable. 
Seine im Vortrag prickelnden, in der Stimmung ernsten Werke sind 
die ersten, die sich vom altmeisterlichen Ton befreiten und auf energ- 
ische Beobachtung des Luftlebens drangen. Hurmtio Macculoclz weckte 
die Begeisterung für die schottische Berglandschaft, die er zuerst in 
ihrer wunderbaren Tieftonigkeit erfasste. Das Streben nach lebhafter 
Beleuchtungsscala hat ihn oft zu leerer Bravourmalerei geführt. Die 
Vfolken erscheinen noch stahlblatier, die Seen noch pnrpurner, als 
sie im farbenreichen Schottland ohnehin sind. Doch da Spätere ihm 
in seiner Richtung auf Reichthtnn des Tons ernster und mit grösserer 
Wahrheitsliebe folgten, hat er doch die Rolle eines wichtigen Anregers 
gespielt. 
Mit jolm Plzilh]; endete diese locale Abgeschlossenheit der schot- 
tischen Kunst. Wie ein Menschenalter vorher der Schotte Wilkie das 
Haupt der britischen Genrematlerei gewesen, so machte nun der Schotte 
Phillip, nachdem er im Museo del Prado malerisch sehen gelernt, dieser 
novellistischen Genremalerei ein Ende. Der Ton seiner Bilder ist 
tief, die Farbe leuchtend, der Auftrag breit, männlich, von Velazquez 
beeinHusst. Robert Scoit Ltlltiföf, seit I85o Lehrer an der Akademie, 
bratchte zur Kenntniss des Velazquez noch die Delacroisf hinzu. Er 
hatte fünf Jahre auf dem Continent verweilt, in Italien Tizian und 
Giorgione, in München Rubens gesehen, und als er 1838 über Paris
	        
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