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XLVIII.
WHISTLER
UND
SCHOTT"
Whistler steht innerhalb
der modernen Kunst als der
Maler par excellence. Währ-
end auf der einen Seite
niit den Praerafeliten der
Neuidealisnius emporstieg zu
den höchsten Höhen der In-
telligenz, gelangte er hier zu
einer Malerei, die womöglich
auf alle Formen verzichten,
nur als musikalischer Farben-
klang noch Wirken möchte.
Seine Kunst bezeichnet
gleichsam den endgültigen
Abschluss der von den Fon-
tainebleauern au sgegangenen
Bestrebungen. Die alten
Schulen sahen die Linien
[V11 istler-
Feuerwerk.
der Gegenstände und um-
kleideten sie farbig. Die neuen
seit Constable malten, auf die
Vollständigkeit des abstracten Umrisscs verzichtend, nur die weichen
Dämmerungen und zarten farbigen Andeutungen, die das Auge wirk-
lich bemerkt. Corot ging noch weiter. Mit ihm begann die rein
dichterische, die Natur frei umschreibende Auffassung der Beleuchtungs-
werthe. Bei Whistler ist diese Symphonische Ausgestaltung des V aleurs
beabsichtigtes, klar gewolltes iKünstlerthum geworden. Das Körper-
liche in der Natur ist ihm nur Unterlage für die selbständige Verarbeit-
ung ganz subjectiv empfundener coloristischer Werthe. Seine Bilder
sind losgelöst von aller zeichnerischen Auffassung, sind rein malerisch
geworden. Dadurch erweist er sich als stolzestes Product der realist-
ischen Schule, als Antipode der Alten, denen er sonst in seinem Streben
nach T onschönheit ähnelt: erst nachdem der Impressionismus mit der
zeichnerischen Auffassung der Gegenstände und dem Goldton der alten
Meister gebrochen und in der umhüllenden Atmosphäre den Träger
neuer Harmonien entdeckt, konnte die von den Impressionisten an-
gestrebte unmittelbare Wahrheit in Farbe und Ausdruck sich wieder
zu stilistischer Verfeinerung, zu einer subjectivcn Farbenanschau-
ung abklären, die in Schönheit und Tiefe des Tones gipfelt.