XLVIII.
UND
WHISTLER
SCHOTTEN
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sie lehrte Whistler zu wäh-
len. Seine Zeichnung haff
tet nie am Nebensüchlichen, '13
Anekdotischen der Form;
was ihn fesselt, sind die ent- ß " 7 i
scheidenden Linien, die eine 1 "
Beutegtnlg charakterisireii, will
ihr Rhythmus geben. Auch
das pikante Froufroti der V 1 "
modernen Toiletten, dem 4'
Besnard und Sargent ihre "Ei, _ Ü;
Erfolge danken, ist nicht
seine Sache. Das Costüm, m f"
obwohl der Gegenwart an- iägvgf MM
gehörig, ist vereinfacht, in in,
den grossen Stil übersetzt, , i"; 4' _
so wie Verrocchio verein- [In .41
lachte als er die Ritter-
rüstung Colleonisschtif. Wie
das knitterige, kokette Fal
tenwerk, vermeidet er jede (i i "W k,
ausgesprochene Farbe. Auf PVbistler: Dame in Weist.
dem weichen Schwarz des
Kleides das riithselhzilte Roth einer Rose, der Weisse Farbenfleclt eines
Bildes an der Wand, ergeben die einzigen, helleren coloristischen
Reize. Whistler steht unter den Portriitisten der Gegenwart ähnlich
wie Millet unter den Bauernmalern. Alles hat Stil bei ihm, Alles
ist einfach, ernst, grandios. Selbst das gedämpfte Licht, das die Ge-
stalten wie ein Schleier umfliesst, dient in erster Linie dem stilisirenden
Zweck: alles Indifferente auszuscheiden, nur die Hauptvaleurs, die
grossen Linien, die klebenden Pülllitöa in's Bild zu bekommen. So
entsteht in seinen Werken die im höchsten Sinn decorative und zu-
gleich geheininissvolle Wirkung. Alles Kleinlichen, Materiellen ent-
kleidct, Wirken die Gestalten wie Phantome. Sie haben ihren Schatten
verloren; selbst Schatten, leben sie in einem feinen aschgrauen Milieu,
fast immateriell, vom Körperlichen losgelöst, zwischen Himmel und
Erde schwebend, wie ein Hauch, der sich verdichtet hat und ebenso
bald wieder zerfliessen kann. So wie von spiritistischen Sitzungen
erzählt wird: man sieht Luftstreifen, die sich verdichten, der Spirit
hhnher, Moderne Malerei