XLVIII.
UND
WHISTLER
SCHOTTEN
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gegenüber sah, die aus der Ferne be- v '
trachtet sein wollten und gar keinen r
Inhalt hatten. Ruskin, der Herold der '75 " f"-
Praerafaeliten, veröffentlichte ein aus- E: i
führlich begründetes Verdammungs-
urtheil; Whistler antwortete und ver-
klagte ihn. Durch diese Broschüren,
zahlreiche Processe und noch mehr
durch die paradoxen Vorträge, die er
zuweilen nicht five 0' clock, sondern
ten o" clock in seinem Atelier der
vornehmen Gesellschaft zu halten
pflegt, wurde er bald eine Berühmt- f.
heit in London. Die Anekdoten, die "
über ihn cursiren, sind Legion. Man Irmlßß MC Nßill Whißfler.
spricht über seine Vie de Parade ebenso
wie über die grossen Rennen. Kennt ihn, wo er sich zeigt, wie
den Prinzen von Wales, wie Gladstone oder Irving.
Um den Künstler Whistler kennen zu lernen, muss man sein
Heim besuchen, jene stille Gartenwohnung in Chelsea, die ein ge-
dämpftes, grünlich bleiches Licht durchfluthet und wo Radirungen in
einfach proiilirten Rahmen an den Wänden hängen. Der Whistler,
der hier haust, ist ein anderer, als den die Welt keimt nicht der
Mann mit den wegwerfenden Allüren, dem sarkastischen Gesicht,
der koketten, weissen Stirnlocke und dem hohen Stock, der ihn
wie ein klirrender Cavalleriesäbel begleitet, wenn er am Eröffnungs-
tag einer Ausstellung seinen Rundgang macht. Whistler erscheint
in diesem weltentrückten Hause wie ein Einsiedler, als der König
eines fernen, nur von seinen Gedanken bevölkerten Reiches, wo
er" herrscht inmitten mysteriöser Landschaften und ernster, stiller
Menschen, die seinem Herzen und seinem Geiste nahe waren und
die sein Pinsel zu neuem Leben erweckte. Sinnende Frauenaugen
blicken dich an, blonde Haare, schwarzgraue Pelze, bleiche, welkende
Blumen und graue Filzhüte mit schwarzer Feder lösen von ver-
staubten, achtlos bei Seite gestellten Leinwandflächen sich los, bald
feste Form annehmend, bald wieder verschwimmend, tingreifbatr, un-
deutlich wie durch grauseidenen Schleier gesehen. Die Luft, die sie
umHiesst, ist zugleich dunkel und hell: die Atmosphäre dieses schweig-
samen Zimmers, in dem der Maler seine Modelle sieht, ein abgetöntes,