Volltext: Geschichte der Malerei im XIX. Jahrhundert (Bd. 3)

XLVII. 
ENGLAND 
SOS 
Mund, die nach der Erzählung 
des französischen Fabliau in einem 
Fischernetz aus dem Meere ge- 
zogen Ward und so schön War, 
dass jeder Mann, der sie sah, sie 
liebte  um zu sterben, Wenn er 
sie in seine Arme geschlossen. Sie 
lieben im Mann die physische 
Kraft: eherne Gesichter und eherne 
Sehnen. Nur der Starke, der mit ge- 
waltiger Wuth wie ein Sturmwind 
sie liebt, kann sie beugen. Darum 
singt Rossetti in seinen glühen- 
den Gedichten von Lippen, die 
sineinander geschmiegt und ge- 
bissen, bis der Schaum gewürzt ist 
mit Blüte, von xSClIKÄICICH Weissen 
GliGClCTIM und sgrausam rothem 
Mund, der einer Giftblume gleichm: 
Trotz Christi Blut ist diese Venus nicht 
besiegt, 
Es röthet sich ihr Mund von Miinnerblut, 
Schlürfend mit weissem Zahn der Adern 
Saft. 
Burne-_I0nes' Frauen wissen, dass diese Gluth hienieden nicht 
mehr zu linden. Das Blut ist ausgesaugt, das Feuer brennt nur 
noch schwach, die herrliche antike Kraft der Liebe ist erloschen. 
Für sie hat das Leben seinen Sonnenschein, die Liebe ihre Leiden- 
schaft, die Welt ihre Hoffnungen verloren. Die Farbe ihrer Wangen 
ist bleich, das Auge matt, ihr Körper kränklich, Heisch- und blutlos, 
die Hüften dürftig. Mit blassen, bebenden Lippen, ein wehniütbiges 
Lächeln oder einen eigenthümlich resignirten, schmerzlich innigen 
Zug um die Mundwinkel, leben sie, von unfruchtbarer Sehnsucht 
verzehrt, hungernd, in stiller Schwermuth dahin, wie Goldfische in's 
Leere starrend oder in den vagen Fata Morganagesichten einer über- 
zarten, tiberfeinen, verschämt hervorzitternden Erotik schwelgend. 
Wer küsst noch mit Lippen, mit warmen, 
Wie Catull sang auf heimischer Au? 
Bitt für uns in deinem Erbarmen, 
Schmerzgöttliche Frau.
	        
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