Volltext: Geschichte der Malerei im XIX. Jahrhundert (Bd. 3)

XLVII. 
ENGLAND 
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Höllenstrafen die Rede ist, zeichnet Blake Gruppen von Männern 
und Frauen, die in wirrem Knäuel sich in zuckenden Schmerzen 
winden  im Geiste Michelangelos, doch ohne Nachahmung. Da 
wo vom Schmettern des jüngsten Gerichtes gesprochen wird, lässt 
er einen Genius niederschweben und mit Posauncnstössen die Todten 
erwecken. Mit Allem, was den Tod anging, seine Schrecken und 
Hoffnungen, beschäftigte er sich von Jugend auf gern, und als er 
1805 ein Gedicht xTlIC gravea illustrirte, gab er auch der Reise 
über's Grab die ganze Farbe und den Schein des Lebens. 
Blakes Werke vereinen die Zeugungskraft eines Mannes mit der 
Glaubigkeit des Kindes. Sie sind ein schrecklicher, aber künstlerisch 
klar ausgedruckter Traum, das Product einer reifen Phantasie. wDCf 
ganze leere Raum der Erde und der Luft schien ihm zu zittern unter 
dem Flügelschlag von Geistern und zu stöhnen unter dem Tritt ihrer 
Füsse. Die Blumen und Gräser, die Sterne und Steine sprachen zu ihm 
mit wirklichen Lippen und schauten ihn an mit lebendigen Augen. 
Hände, die aus dem Schatten der materiellen Natur auftauchten, 
streckten sich nach ihm aus, um ihn zu ergreifen, zu führen oder 
zurückzuhalten. Was für Andere Hallucinationen sind, waren für ihn 
wiirkliche Thatsachen. Auf seinem Weg und vor seiner Staffelei, 
vor seinen Ohren und unter seinen Augen bewegte sich, drückte 
sich, glänzte und sang ein unendliches Leben von Geistern. All die 
unheimlichen Wesen, die strömend sich im Dunstkreis rings ver- 
breiten, sprachen zu ihm, trösteten oder bedrohten ihn. Unter 
dem feuchten Kleid der Gräser, in dem leichten, von der Ebene 
aufsteigenden Nebel grinsten sonderbare Gesichter und Hatterten weisse 
Haare. Versucher und Schutzengel, Doppelgänger von Lebenden und 
Phantome von Todten bevölkerten die Luft, die um ihn wehte, die 
Felder und Gebirge, denen sein Blick begegneteß 
Zwei Cyklen von Illustrationen zum Buche Hiob und zu Dantes 
Inferno, die er in seinen- letzten Jahren in Angriff nahm, kamen 
nicht zur Vollendung, doch der Ton, den er angeschlagen, verstummte 
bei seinem Tode nicht. Sein Geist erstand in neuen Incarnationen, 
zunächst in dein Schotten David Scult. 
Scotts Bilder allein wären nicht ausreichend gewesen, seinen 
Namen zu erhalten. Wie so viele Historienmaler der ersten Hälfte 
des jnl1rl1underts, hat er seine beste Kraft vergeudet, umfangreiche 
LeinwandHäche11 mit Oeliirbe zu bedecken, in der Meinung, dass 
er vgYOSSC Kunstx producire. Ein Aufenthalt in Italien, wohin er 1833 
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