XLVII.
ENGLAND
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kümmerte sich wenig um die wirkliche Welt. Er besass einen ge-
waltigen Geist, der ein ganzes grosses All umitsste, blieb aber, im
Gegensatz zu andern wdenkenden Künstlerin seiner Zeit, trotz aller
dichterischen Eigenschaften, doch Maler. Die sonderbarsten Visionen
kleideten sich in priicise Formen, die Alles LIUSSPILICDCD, was er zu
sagen hatte. wDie Erfindunga, schrieb er, shiingt ganz ab von der
Ausführung. je nachdem diese gut oder schlecht, kommt die Inspi-
ration vollkommen oder unvollkommen zum Ausdruck. Selbst die
Kunst Michelangelos wäre nichtig, wenn nicht Geist und Körper,
Gedanke und Form sich decktena eine Ansicht, die den sver-
rfickten Englanderr: sehr wesentlich von seinen gelehrten Collegen
im damaligen Deutschland unterscheidet. Diese merkwürdige Doppel-
eigenschatft des ideenreichen Visioniirs und kräftigen Realisten fühlten
schon einige Zeitgenossen an ihm heraus. x80 lange der Geschmack
für die zeichnenden Künste bestehen wirdß schreibt Füssli in der
Vorrede zu einem der illustrirten Bücher Blakes, awerden die Ori-
ginalität der Conception und die meisterhafte Kühnheit der Ausführ-
ung dieses Künstlers nie ohne Bewunderer seine. Der deutsche Maler
Götzinger, der damals einige Zeit in England lebte, berichtet von
dort: wich sah in London viele Männer von 'l'alent, doch nur drei
Genies Goleridge, Flaxman und Blake von diesen war Blake
das grösstee.
Als William Blake, der Painter Poet, am 28. November 1737
in London geboren ward, gewann die Weltstadt an der Themse
einen der sonderbarsten Bürger und eine der abnormsten Persönlich-
keiten, die jemals in ihren Mauern geweilt. Sein Geistesleben ist,
wie sein Biograph Rossetti sagt, eine Fundgrube von Wunderdingen
und Problemen, von denen wenige durchaus zu erforschen und zu
lösen SillClx.
Seine Erziehung war eine höchst primitive. kaum dass er Lesen,
Schreiben und Rechnen lernte. Dagegen begann er früh zu zeich-
nen und war, wie Cunningliaiii schreibt, mit zehn jahren ein Künst-
ler, mit zwölf ein Dichter. Ein Zeitgenosse erzählt, dass Blake als
Knabe seine Verse zu seiner eigenen Musik zu singen pflegte, wdie
sonderbar schön wam. An seinen Erstlingsgedichten, wden Poetical
SKCLCDCSK, hat er in seinem zwölften Jahre zu schreiben begonnen,
und seine Begabung als Zeichner offenbarte sich sofort, als er, fünf-
zehn Jahre alt, in eine Londoner Zeichenschtile eintrat. Um diese Zeit
liebte er ein hübsches Mädchen, dem er gleichgiltig war und das ihn