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XLV.
DEUTSCHLAND
Liebermann
Frau
Ziegen.
seiner Persönlichkeit. Im Altmiinnerhatis und der Seilerbzihn war
das vibrirende Licht noch schwer. Man glaubt den Maler vor seiner
Statljfelei zu sehen, wie er die Wahrheit sucht mit heissem Bemühen.
Hier hat ereine grosse Scene mit einem Blick überschaut und sie
mit kühner Hand, noch zuckenden Lebens voll auf die Leinwand
gebracht: ein Lied von Mühe und Arbeit, von Kampf um's Dasein,
von widrigen Winden und tiunlaelgrzttien Regentagen. Eine nordische
Ebene dehnt sich aus, nackt und ärmlich, das Grün spielt in's Grau
über, rechts ist sie von den Dünen abgeschlossen, die unmerkbar
am Horizont ersterben. Am Himmel stehen graue NVolken, er ist
sturmdurchfegt. In dieser Landschaft, die so grandios ist in ihrer
Leere und über der eine so grosse'Luft weht, stehen, sitzen, knieen
Frauen, alte und junge, Netze ausspannend und Hickend: die vor-
dersten lebensgross und von vollem Licht beleuchtet, von den ferneren
nur noch ganz Lindeutlich die grauen Kleider und weissen Hiiubchen
sichtbar. Drei stehen, sie wachsen in miichtigeil Silhouetten in den
Horizont hinein, die Perspective wirkt weit, unendlich. Man fühlt
den Seewind über die Landschaft wehen und glaubt die salzige Meer-
luft zu athmen. Eine schreitet, mit Netzen beladen, rückwärts ge-