XLV.
DEUTSCHLAND
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Desto mehr sah sich die Kunst-
Wissenschaft, die sich bisher der
modernen Kunst gegenüber fast
immer ablehnend hatte verhalten jfi
müssen, diesmal veranlasst, vom "ii-iin-Ä
ersten Tag an Wesen und Ge- '
schichte der künstlerischen Oppo- i, 18V
sition mit Interesse zu verfolgen.
Denn sie musste feststellen, dass i" j
deren Programm der herrschenden
Kunst gerade jene Elemente als P i.
kunstgiltige bestritt. durch die sie f 1
von deralten sich fundamentalunter-
schied. Die neue Kunst erweckte "i;
Vertrauen, weil sie nicht mehr
einen Stil aus andern Stilen sich
formte, sondern wie jede echte Max Lieberwmm
Kunst Spiegel und Chronik ihres
eigenen Zeitalters sein wollte. Sie erweckte Vertrauen, weil sie nach
einer langen Periode erziihlender Zwitterkttnst echte Gebilde der
Malerei hinstellte, die keines interessanten Katalogtitels bedurften,
sondern in sich selbst die Berechtigung ihres Daseins trugen. Ja,
obwohl die NVurzeln des neuen Baumes in Frankreich lagen, schien
es fast, als Wollte die deutsche Malerei, nachdem sie so lange roman-
isch genulelneclit, mit moderner Farbenfeinheit da wieder einsetzen,
wo Dürer und die KlCllNDCiStCl' aufgehört. Es eröffnete sich für
den Rüclmiäirtsschzitienden eine Perspective, die von der Gegenwart
eine Brücke schlug zu jener alten, vorwiirtsstrebenden deutsch-hol-
ländisch-englisehen Kunst, die im 16., 17. und I8. Jahrhundert dem
romanischen Eklecticismtis entgegentrat. Die feinsinnigsteii Geister
der Kunstwissenschaft, die bisher von aller modernen Kunst skept-
isch sich ferngehalten, fingen an, für die neuen Ideen einzutreten.
Ihnen schloss eine ganze Anzahl Jüngerer sich an. 1888, zwanzig
Jahre, nachdem Manet jene folgenreiche Separatausstellung bei
Durand-Ruel xteranstaltet war die nNCUC Kunsta, der bis dahin
selbst in München die Thüren des Kunstvereins verschlossen waren,
triuniphireiid im Glaspalast eingezogen, und ich begann damals meine
Berichte über die grosse internationale Ausstellung mit der Auf-
schrift: wMax Liebernunzlna.