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XLlV.
AMERIKA
bleauer zu sehen, deren genauere Bekanntschaft ihm ein Aufenthalt
in Europa 1871-7; vermittelte. In diese spiitern Jahre fallen seine
bedeutendsten Schöpfungen. Sein Leben war wie das Corots eine
stete Erneuerung. Gleich diesem hat er mit Ansichten aus Italien
begonnen. Einfache Bilder aus der römischen Campagnit wechseln
mit schlichten Darstellungen des Golfes von Neapel. Dann war er
eine Zeit lang Romantiker, der die wilden Wälder Amerikas mit
Engeln und Pilgern, Crucilixen und Mönchen stafiirte. In den
60er Jahren Wurden die Wunder des Lichtes sein Studienfeld, und
manches seiner damaligen Werke, wie das grosse Bild sLight trium-
phanta ltönnte von Turner herrühren. Graue "Wolken durchziehen
das Firmament, hinter denen leuchtend der Sonnenball steht; der
ganze Himmel schimmert wie flüssiges Gold; gelbletichtend ist der
Strom. der durch die YViese lliesst; Sonnenstrahlen riescln durch
die Aeste der Biiume und hüpien auf dem glänzenden braunen Fell
der Kühe und den weissen Pferden der Cowboys umher. Ernst
und tiüster, von dichter Finsterniss über-gossen, war das {Ihal des
"fodesschattensx mit dem fernen Kreuz, an dem leuchtend der Körper
des Heilandes hing. Und heute ist tlerselbe Romantiker abgeklärt
und ruhig geworden classisch wie ein Fontainebleauer, dessen
Namen man nur nicht zingeben kann. Er liebt die YVelt, wenn
sie in scheuern Dännner liegt, welliges Gelände mit entlaubten
Stämmen und dürren Büschen, aber auch die rothglühentle Pracht
des Sonnenilntergangs und den schwarzen Gewittersttirni. Bald ist
er breit und mächtig, wie Rousseati, bald zart und elysisch wie Corot,
da idyllisch ländlich wie Daubigny, dort pathetisch ltlitgentl wie Dupre.
Alle seine Bilder sind breitgemalte, tiefgestinnnte und vollklingende
Tbnsymphonien. Die Kunstgeschichte hat ihn als einen der viel-
seitigsten und feinsten Landschalter des Ialirhuntlerts zu feiern.
Wyall lfalmz wurde der amerikanische Millet. Nachtlem er erst
iniDüsseltlorli Schüler Leutzes, dann mehrere Jahre in Bnrbizon ge-
wesen. malte er ruhende Schnitter, Holzhncker oder Bauern bei der
Arbeit, alle jene ländlichen Motive, die ihren küiistlerischen Naturali-
sationsbrief dem poetischen Genie Jßlll] Franc0is' verdanken. Das
Talent Wyaitt linmns hat nicht die robuste Grösse. die ganze Rusti-
citiit des Meisters von Gruchy, hiilt sich jedoch auch fern von der
appretirten Eleganz, durch die Jules Breton Millets BLIUCTH den Ein!
gang zuin Salon verschuliite. Seine Darstellung des lzindlebens ist
ernst und ehrlich, Seine Malerei wie die Millets von einer gewissen