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XLIV.
AMERIKA
Bilde von 1893 lag über einem stillen Waldsee träumerisch dunkelnd
der Abend. Ein Kahn mit einem nackten Jüngling segelte durch
die weltferne Einsamkeit. Die Wirkung war weit und feierlich, be-
scheiden und gross.
Walter Gay aus Boston, ein Bonnat-Schfiler, hat sich besonders
unter den Bauern des westlichen Frankreich heimisch gemacht und
studirt mit der etwas langweiligen, temperamentlosen Offenheit
nordischer Maler die Sitten des Volkes, da wo sie primitiv und naiv
sind. Durch grosse, mit dünnen Gardinen verhängte Fenster fällt
helles Tageslicht in saubere Bauernsttlben und glänzt auf den Dielen
des Bodens, den blanken Tischplatten und den weissen Hiiubchen der
Bäuerinnen, die nühend bei ihrer Arbeit sitzen das bekannte Licht-
problem, das auch von Lieberrnann, Kuehl und Uhde so gern ver-
arbeitet wird. Ettätüvze Vail, auf den Mesdag und de Nittis wirkten,
hüllt seine holländischen Marinen und Londoner Hafenbildei- in einen
schweren, melancholischen Nebel. Walter Mac Ewen aus Chicago malt
Interieurs mit delicatem Licht, feuchte Meeresluft und eintönige Dünen
mit Arbeitern, die Abends vom Tagwerk heinikehren.
Sie Beide waren, bevor sie nach Paris übersiedclten, lange in
Holland thätig, wohin Liebermann Ende der 70er Jahre den Weg ge-
wiesen und wo noch heute Gari Melchers und George Hitchcock
arbeiten.
Gari Meldmrs, ein früherer Schüler der Classicisten Boulnnger
und Lefebure, hat, worauf auch sein Name hinweist, etwas durchaus
Holländisches in seinem Wesen, nur ohne die eigentliche holländische
Zärtlichkeit. Wie die Holländer, neben denen er lebt, malt er SCCUCH
aus dem niederländischen Bauern- und Fischerleben und hat besonders
in den schmucklosen, weissgettlnchten holländischen Dorfkirchen ein
ihm zusagendes Studienfeld entdeckt. Gleich sein erster Versuch dieser
Art, die wPretligta, von 1886 War sehr robust gemalt und ehrlich
gesehen. Ein paar Bauernfrauen in ihrem malerischen Costüm snssen
auf der Kirchenbanl; und folgten andächtig den XVorten des Predigers,
den man nicht sah, aber zu hören glaubte, so übCfZCUgCHd war der
Ausdruck auf den Gesichtern. Gari Melchers ist ein ruhiger, ernster
Beobachter und geht energisch der Natur zu Leibe, aber er blickt
mit dem kalten Objectiv der Camera obscura in die Welt. Seine
Figuren sind schwer und unbeweglich, seine Bilder trocken und
poesielos, alle von demselben harten, nördlichen Tageslicht durch-
flossen. Vor seinem nüchtern sachlich gemalten vAbendmahle em-