XLIV.
Amerika.
MERIKA liegt trotz seiner grösseren geographischen Entfernung
A den europäischen Kunstcentrcn näher als Russland. Die russ-
ische Malerei ist nur im Lande selbst, in den dortigen YVantler-
ausstellungen kennen zu lernen, die Erfolge der Amerikaner sind in
den Annalen des Pariser Salons gebucht. Ihre Kunst ist, da sie ihren
technischen Unterricht auf europäischen Hochschulen erhielten, ein
genaues Echo der europäischen. Selbst in die gleichen Akte theilt
sich das Drama. Das Stück, das über die Bühnen Europas ging.
wird auch in Amerika aufgeführt, nur die Namen der Schauspieler
wechseln.
Bis zur Zeit der Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten
(1776) hatte es in Amerika weder Maler noch Bildhauer gegeben. Die
Menschen essen und trinken, bauen, machen urbar, vermehren sich.
Ein grosses Stück Eisen War werthvoller als die schönste Statue, eine
Elle gutes Tuch geschätzter als Raüiels Transliguration. Es gab
vielleicht hie und da alte Familienportrats, die ein Auswanderer
aus Europa mitgebracht, die aber nicht geeignet watren, den Ge-
schmack an Kunst zu erwecken. Die öffentlichen Gebäude waren
in der Regel aus Holz, höchstens aus Backstein, und ohne stilistische
Prätentionen. Man war arm und viel zu sehr beschäftigt, sich Kar
toHeln und Fische zur täglichen Nahrung zu SClILIilCU, als dass man
um Coloritfragen sich hätte künunern können. Zudem wurde die
Kunst von den Quiikern als weltlicher Tand verworfen. Erst als
der Dollar anfing seine Macht zu entfalten, kamen zuweilen unter-
nehmungslustige, in Europa gescheiterte Portriitmaler über's Meer,
um die neue Welt mit ihren zweifelhaften Kunstwerken zu beglücken.
Von diesen Fremden angeregt, glaubten dann auch drüben einige
junge Leute in der Malerei einen lohnenden Beruf zu Bilden. Aber
da in der Heimath der Boden noch nicht bereitet, spielte ihre Thiitig-
keit zunächst in Europa sich ab. Benjamin ßVesf, der erste Künstler,