XLIII.
RUSSLAND
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richtung dreier Lmschuldig zum Tode Verurtheilten verhindert, hat
etwas Metzgerhaftes in der Conception, etwas urwüchsig Packendes
im Ausdruck. Gebieterisch wuchtig ist die Bewegung, mit der der
Heilige dem herkulisch gebauten, thierisch und verblüfft blickenden
Henker in den Arm fällt, machtvoll und zwingend die Begeisterung
der Opfer, die ihrem rettenden Genius danken. Auch in der Technik
ist Kepin ein grossei" moderner" Meister von knapper Entschiedenheit
in Zeichnung und Farbe, von fast asketischer, ernster Einlitchheit, in
der Alles unentbehrlich ist und nur der gewollten Stimmung dient.
Seine sSchirfsknechtett wurden 1873 als dats sonnigste Bild der
XViener Ausstellung gerühmt, und seitdem ging er sicheren Schrittes
voran. Immer leuchtender, immer heller wurden seine Werke. Was
Ixxzumw vergebens gesucht hatte, wusste Repin zu finden: die
Sonne, "die Luft, das Leben. Fr bedeutet für die russische Malerei
dasselbe, wie für die deutsche Menzel, für die französische Manet.
Er athmet mit den Lungen seiner Zeit und seines Volkes, und der
Nirwanaschrei beider ist überall in seinen Werken zu hören. Seit
seinem Auftreten mehren sich die Meister, die aller Mittel der neuen
französischen Technik laundig, russisches Leben mit jenem Menschen-
und Natursinn schildern, der die hervorragentleii Leistungen der
russischen Literatur kennzeichnet. Das geheimnissvolle Lied der
Steppe, jenes Lied von tmendlichem Lieben und tinendlichem Leiden
wird auch den Malern verständlich. Sie zählen noch nicht voll
im europäischen Kunstconcert, sind neben den westlichen Nationen
noch ntodte Seelenx. Aber sie leiteten für die russische Malerei
eine grosse limancipaitionsiirtt ein, und kommt der Wecker, der diese
Seelen aus dem Schlummer ruft, hat er von ihrer jungen unver-
bratichten Kraft das Beste zu hoffen.