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XLIII.
RUSSLAND
Die Periode der Historiennialerei entfernte zwar eine Zeitlang von
diesem Wege. Wie nnderxiviirts kam auch in Russland die pittoreske, aus-
geputzte, exotische Vedute in Schwung, die lange Jahre hindurch von
Worobiew, Kubus, Lagorio, Horawsky, Bogolirxbow, Mestschersky und
Anderen kultivirt wurde. Sie alle wollten die Natur nur durch ein
Versch(änerungsprisiua sehen, iinitirten bald geschickt, batld hantiwerks-
massig die Calanie und Achenbach, lallten langst überwundene Gemein-
plätze nach und wirken schal und langweilig trotz all ihrer oriental-
ischen Tllüfllltf, gothischen Burgen, bewegten und stillen Meereslliichen,
felsigen Gegenden und schreienden Lichteliiekte. Nur Afwasti-ttrslcyy, ob-
gleich ein Schnelhualer, ein immer nach knalligen Fetierwerlteliekten
ä la Gudin haschender Decorateur, behauptet unter ihnen eine vor-
nehme Stellung. Manche seiner Mariuen geben trotz ihrer grellen und
Lingestünieu Farben das Grandiose, Zerschellentle des Sturines, andere
die grenzenlose Ruhe der Meeresstille tiberzetigend wieder, und lassen
ihn als Vorboten der späteren StilllIDUHgSlLIDLlSClIAIfI erscheinen.
Diese entwickelte sich, sobald die russische Landschaft auf russ-
ischem
Boden
einkchrte.
Auch
dort
W L1 FC H
Maler
vierziger jahrc überzeugt, dass ihre Heimath. das platte, traurige, grau
in grau gestimmte Land keinen nraleusvvertheii Stell liefern ltönne,
dass nur fLITbCHICiClIC, südliche Vedutcn künstlerisch möglich seien.
Die Brüder Tschernezoll und der Kupferstecher Galakti0n0xx' zeich-
neten zwar russische Stadtansichten nach allen Regeln der 'I'op0-
graphiebücher, doch ohne höhere PfJCICTlIiODCh.
Sclzisclziciu sah ein, dass der russische Maler nur die russische Land-
schaft lieben, nur sie verstehen und künstlerisch nachbilden könne. Als
er in's Ausland geschickt war, bat er, zurücklaehrerl zu dürfen, um
Lmgehindert, was ihm über Alles theuer war. malen zu dürfen. Nord-
russland ist ein schwerlnüthiges, blasses Land. entbehrt der grossen
Linien und in1p0sante11 Massen, alles verliert sich in VCfSCllVVlllllllCll-
den Nuancen. Trotzdem gelang es Schischlain, das Eigenartige dieser
Natur zu fassen und mit Linerreichter Meisterschaft in seinen Zeich-
nungen zu übersetzen Zeichnungen, denn das Wesen der Farbe
blieb ihm zeitlebens fremd. Alle seine Oelbilder sind phlegmatisch
trocken, genau und kleinlich; desto zititlitllentler" ist die frische Un-
mittelbarkeit und coloristische Zartheit, die er in seinen Kohlenzeich-
nungen und Radirungen erreichte.
Seine direkten Nachfolger bedeuteten technisch keinen Fortschritt.
Baron Klodt huldigte einem gewissen Hang zum Pittoresken, wodurch