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XLIII.
RUSSLAND
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Doch auch die Phase der Historienmalerei musste überwunden
werden. Wie in Deutschland die gesunde Kunst der Peter Hess
und Heinrich Bürkel zunächst für lange Zeit in Schatten gestellt
wurde durch das gleissendc Theaterpathos Pilotys, so zog in Russ-
land seit 1834 die Periode der Meiningerei, die Aera der grossen
historischen Maschinen herauf.
Schon seit mehreren Jahren waren Gerüchte aus Rom gekom-
men: Kzzrl Brülow, der geniale Jüngling, von dem man schon manch
herrliche wcoloristische Offenbarungk gesehen, habe ein Bild vollendet,
das ganz Italien in Aufruhr bringe. Und darin lag keine Uebertreib-
ung. In der ganzen Kunstgeschichte des neunzehnten Jahrhunderts ist
kaum ein gleich betaubendei" Erfolg zu verzeichnen, als er Brtilows
Bilde wdie letzten Tage von I.)OIIIPCJI(4 zu Theil ward. Allein aus der
Unzahl von Lobgesängen, die in italienischen Journalen erschienen,
liessen timfzingreiche Bande sich ZUSLIHIIIICIISICIICII. Den römischen
Kritikern schien es noch zu Wenig, den jungen Russen mit Michel-
angelo und Rafael zu vergleichen. Man nahm vor ihm, wie einst
in Paris vor Guerin, ehrfürchtig den Hut ab; er wurde ohne Pass
über die Grenzen der Staaten gelassen, denn selbst zu den Zoll-
beamten war sein Ruhm gedrungen. Erschien er im Theater, so
erhob sich das Publikum von den Sitzen, den Maestro zu begrüssen;
eine dichte Menge stand fortwährend an der "fhür seines Hauses oder
folgte ihm auf jedem Schritt, um sich an der Betrachtung des genialen
Mannes zu laben. Walter Scott, damals der gelesenste Abgott der
Russen, hatte im Atelier des Malers eine Stunde lang gesessen, das
Werk ohne ein Wort zu sagen mit tiefster Sammlung bewundert
und schliesslich die Aeusserung gethan: Brülow habe kein Bild, son-
dern eine Epopöe geschaffen. Selbst Catmmticcini, der spöttische,
hochmüthige David der Italiener, nannte Brülow einen Coloss.
Endlich kam das Bild, nachdem es auf diese YVeise europäischen
Ruhm geerntet, nach Russland. Das Publikum war durch die Be-
richte der Zeitungen und die Erzählungen der Reisenden auf's Höchste
erregt. Schon der Eilthusizlsmus der Italiener, die noch immer als
einziges gottbegnadetes Kunstvolk galten, machte von vornherein
jede Kritik verstummen. Man strömte in Massen nach der Akade-
mie, wo das Meisterwerk ausgestellt war, mit dem festen Entschluss,
nur zu bewundern, und wurde auch nicht im Geringsten enttäuscht.