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XLIII.
RUSSLAND
Felde erlebt. Die Petersburger
Aesthetiker nahmen ihn halb wider-
f! willig hin, indem sie ihm aus dem
grossen Kunstarchiv einen für da-
mals nicht hohen Titel, den des
b" russischen hVotiverman beilegten.
_V Und nachdem man einen YVou-
"ß 1 verman hatte, bekam man auch
bald einen Teniers. Wezlezizllzrrztl
hat für Russland dieselbe Bedeut-
ung wie für Deutschland der alte
Bürkel. 1779 geboren, lebte er
t w zu einer Zeit, da das ßGCHfCa
i- N als die niedrigste Kunstgattting galt
und es überaus leicht war, sich
gleich neben Poussin und Rafael
eingereiht zu sehen man brauchte nur ein paar Jahre gehörig nach
Gips zu zeichnen und die alten Bilder möglichst wortgetreu zu
Wiederholen. Trotzdem legte NVenezianow, tinbelttimmert um alle
Paragraphen der herrschenden Aesthetik, sich mit voller Liebe, mit
dem eifrigsten Streben nach Wahrheit auf die Schilderung des Bauern-
lebens in einer Epoche, da in Russland der Bauer wie ein Vieh
verkauft wurde und, ein schmutziger, ungeschlachter, armer Gesell,
nicht einmal eine malerische 'I'racht sein eigen nannte. Dieses schroffe
Auftreten macht Wenezianow zu einer sehr merkwürdigen Persön-
lichkeit, zum eigentlichen Vater der russischen Malerei. Und empfing
er auch durch englische Kupferstiche seine Anregung, so ist desto
mehr zu bewundern, dass er nicht in's Anekdotische, Erzählende ver-
fiel, sondern nach schlichtester Wiedergabe des Gesehenen strebte.
Seine Bilder sind von kühler phlegmatischer Färbung; nicht die
Lebendigkeit der alten Holländer, sondern Debucourts oder Boillys
Kälte ging in sie über. Gleichwohl erfreuen sie durch die liebevolle
Behandlung, eine zuweilen sehr feine Beobachtung und besonders
durch den heiligen Ernst, mit dem sie einer Generation von Eklek-
tikern die Lehre verkündeten: in der Natur, in der Vilahrheit allein
liege das Heil des Künstlers. Zu gleicher Zeit befreite sich Syl-
vester Stschedrin, ein kräftiger, temperamentvoller Maler, von der
conventionellcn Potissinlandschzift der Realismus schlug ver-
stohlen die Augen auf, eine russische Nationalschule War in Giihr-