XLII.
NORWEGEN
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doch ist Alles in eine schunnnerige T raumzttn1ospliiire gehüllt, aus
der das Uebernatürliche von selbst emporspriesst. Dieses einsame
zerfallene Haus, man ahnt schon, dass drinnen merkwürdige Dinge
geschehen. Dieser Hügel über dein Fjord, WO die drei Königstöchter
sitzen und triiun1en es ist Norwegen, aber zugleich das Land der
Feen. Diese Birkenwiildchen mit ihren schin1n1ernden Aesten auf
jeder norwegischen Landschaft finden sie sich, aber in Were11skiolds
Zeichnungen gleichen sie Zauberhainen, in denen silberne Bäumchen
goldene Blätter trztgen. Ebenso phantastisch wie intim, weiss er alle
Seiten der Legende zu packen, ihre Komik und ihre Schrecken, ihr
kindliches Lachen und ihre jungfräuliche Grazie, das Drollige der
Gnomen, wie die Bestialität dreiköpliger Riesen, das urweltlich Phan-
tastische sagenhalter Thiere, die in öden Felsenwtisten hausen, das
elfenlmlt Zarte der YVesen, die strömend sich in1 Dunstkreis rings
verbreiten.
Die fi nländisch e Kunst ist mehr ein Annex der schwedischen
und von derselben französischen Erziehung. Ihr Hauptrepriisentant
ist Edeljrlf, laeine ungestüme Kral-tnatur, sondern ein eleganter, viel-
seitiger Maler, der die gesunde Naturfrische des skandinavischen Auges
mit dem koketten Chic von Paris, die malerische Feinftihliglqeit der
Franzosen mit jenem Hauch unwiderstehlicher jugendfrische vereint,
wie sie nur unverbrauchten Völkern eigen. Das Werk, das ihn zuerst
bekannt machte, war ein Porträt Pasteurs, den er in seinem Labo-
ratorium, bei der Untersuchung eines Präparates, malte. In den
vWeibern am KlfCllllOfa gab er ein niedliches Stück hnischen Volks-
lebens, In den wbäldtllltlßl] Bubem malte er wie Zorn den Wellen-
schlag die tintergehende Sonne, die ihre letzten Strahlen über ein
schlafendes Gewässer warf und l-zosentl elastische junge Körper um-
sPielfß. Seine DVVYLISClIkilClICQ eine Harmonie gelb in weiss ge-
hörte 1893 zu den Perlen der Münchener Ausstellung, und in der
ßMagdalentt zu Füssen JCSLM hatte er, der von Uhde atisgegebenen
Parole folgend, den Stoff wie eine finische Legende behandelt. Christus
stand in einer nordischen Landschaft; zu seinen Füssen kniete nicht
diC grosse Courtisane des Evangeliums, sondern eine arme Bäuerin
in jener schweren, nonnenhaften Volkstracht, die in den russischen
Ostseeprovinzen getragen wird: Finland gehört ja zum Zaarenreich.