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XLII.
NORWEGEN
hatte, veranlasste ihn zu einer Reise nach Italien. Er war 1879
in Rom und malte dort unter dem EinHuss Tizians einen
judaskuss, auch verschiedene Altartafeln für norwegische Kirchen:
eine reuige Magdalena, eine Anbetung der Hirten und einen Christus
in Emaus. Ein Bild wSiesta in Sorae, eine Gruppe prächtiger italieni-
scher Arbeiter, führte ihn zur Behandlung des modernen Lebens. In
seiner aPiazza Montenarzw schuf er ein luftiges, lebensprühendes Bild
aus dem römischen Strassenleben. Und seitdem er 1883 wieder in
der Heimath sich niederliess, ist er ein stimmungsvoll zarter, mo-
derner Landschafter geworden. Seine wWäscherinnena waren 1889
eines der besten Bilder der Münchener Ausstellung, glänzend in
gesundheitstrotzender Farbe und greller Sonnengltith. In einem
andern Bilde stellte er in eine nächtliche Landschaft Nymphen, die
am Baume lehnten, von den Strahlen der Dämmerung leise um-
spielt. Doch in seinem sWaldseee von 1891 erzielte er ohne solche
mythologische Wesen eine noch betieutendere Wirkung. Dieser stille
Weiher, in den die Bäume so träumerisch herabhingen, war ein
Zaubersee, der in seinen Bann zog und nicht wieder losliess, voll von
ruhigen Harmonien und sanften Träumen.
Und diese feine Zartheit ist überhaupt der Charakter der norweg-
ischen Landschaften. Dieselben eckigen, ungehobelten Gesellen, die
in ihren Figurenbildern den Dingen mit so offenem Auge gegenüber-
stehen, zeigen in ihren Landschaften eine grosse Feinheit des Gefühls.
Ihre Vorgänger hatten nur das romantisch Wilde oder meteorologisch
Interessante der norwegischen Natur verherrlicht und noch vor ihren
deutschen Collegen jene äusserliche Panoramamalerei in Flor gebracht,
die damals Sonne, Mond und Sterne verpuffte, um das Interesse der
Touristen zu erregen. Was sie anzog, war das Sonderbare der An-
sichten, und was uns zu ihren Bildern zog, war das Interesse des
Reise-Albums. All diese in blauen und rothen Farben schreienden
Mitternachtssonnen, diese phantastischen Schönheiten der Lofoten,
diese flammenden Turniere zwischen Sonnenuntergang und Morgen-
röthe frappirten nur als sonderbare Phänomene, die in einer unpersön-
lichen Sprache sehr exakt beschrieben waren. Die Landschafter er-
gänzten Bädeker und bestätigten Passarge. Sie regten zu Reisen nach
Norwegen an. Im Uebrigen trugen ihre Werke den Stempel ordinärer
Prosa, sie verblüfften, sie belehrten, aber hätten ohne das rein gegen-
ständliche Interesse schwer bestehen können. Die Neueren ebenso
decent, wie die früheren knallig entdeckten das Norwegen im