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DÄNEMARK
der Atmosphäre. Noch heute sind alle modernen Sucher und Pfad-
weiser, Besnard, Roll, Carriere, Cazin, Raffaelli, Claude Monet vor
Allen, in Dänemark warm bewundert und sehr gehört. Aber zu
gleicher Zeit hat diese Kunst ihre tiefen Wurzeln im Stamm und im
Lande. Mit reicheren, complicirteren Atlsdrucksmitteln ausgerüstet,
verzichtet sie keineswegs auf ihre Traditionen von Intimität, von
feiner, rührend zärtlicher Beobachtung. Jene Aeltern waren wahr ge-
wesen, die Jtingen versuchten wahr und fein zugleich zu sein. Man
malt heute in Kopenhagen und Skagen ganz anders und viel besser
als die Eckersberg und Lundbye, aber das intime Naturgeftihl dieser
Alten ist auch den Jungen zu eigen.
Das Verdienst, diese Entwicklung angebahnt zu haben, gebührt
hauptsächlich Peter S. Kröyer, einer der grössten und anziehendsten
Künstlerindividualitäten seiner Nation. Am 24.Juni 1851 in Stavanger
geboren und früh als Waise nach Kopenhagen in das Haus seines
Adoptivvaters, des Ichthyologen Hendrik Nicolai Kröyer, gekommen,
war er kaum neun Jahre alt, als seine Zeichenfähigkeit in den
Dienst praktischer Zwecke gestellt ward. In H. N. Kröyers Mono-
graphie über die Parasitkrebse linden sich in Kupferstich publicirt die
Erstlingszeichnungen des jungen Kröyer. Verschiedene Darstellungen
aus dem dänischen Fischerdorf Hornbzelt (Schmiede in Hornbrek,
Fischer am Stocken. Fischer auf dem Häringsfang und Kinder am
Strande) NVLIYCI] die ersten Bilder, die 1874 von ihm in der Aus-
stellung von Charlottenlvorg hingen. In demselben Jahre verschaffte
ihm ein grosser Carton, wie wDavid. nachdem er den Goliath ge-
tödtet, sich dem Saul vorstellta. das Reisestipendiilm der Kopenhagener
Akademie. und während dieser vierjährigen Studienreise nach dem
Ausland machte Kröyer jene merkvxrüi'dige Entwicklung durch, die
ihn bald als Techniker an die Spitze der dänischen Kunst stellte.
In jenen altern Bildern war die Malerei noch ängstlich und spitz,
die Farbe dünn, mager und bunt im Verkehr mit den Franzosen
erwarb er sich jene Feinheit im Ton und jene Macht des Vortrags.
die seitdem sein bezeichnendes Merkmal bilden. Leon Bonnat war
sein erster Mentor, ein Bild wDnphnis und Chloöa von 1878 sein
erster Versuch, die in Bonnuts Atelier gemachten Erflihrungen in
einem grösseren Gemälde niederzulegen. Ein längerer Aufenthalt in
der Bretngne, wo er zusammen mit dem Landscliafter Pelouse Feld-
arbeitermalte und ein reiches Studienmaterial zusammenbraclite, be-
deutete den zweiten Schritt seiner Entwicklung; eine Reise nach