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XXXIX.
HOLLAND
Schweigen ruht über seinen holländischen Gegenden, und der Wind
scheint ltlagend durch die Blätter der Bäume zu wehen. Die
Dämmerstnnde und die feuchten Regentage, alle Molltöne der Natur,
hat er besonders geliebt.
In H. W. Mesdag, der die Lyrik des Meeres in allen T onarten
malt, besitzt Holland einen der ersten Marinemaler der NVelt. Seit
Courbet sind Wenige Darstellungendes Meerlebens von solcher WVahr-
httftiglteit und Stärke des Natureindrucks gemalt worden. Während
die Belgier Clays und Artan nie das Ufer verlassen, sieht man bei
Mesdttg das Meer vom Meer aus, nicht vom Ufer her; ist wirklich
auf dem Wasser, mit Schiff, Luft und Wellen allein. Und während die
Belgier besonders das lächelnde Meer, das prismatische Schillern der
Sonnenstrahlen auf dem ruhigen Meeresspiegel lieben, zeigt Mesdag
hauptsächlich den unheimlichen Moment vor dem Sturm. Das Meer
liegt auf seinen Bildern gewöhnlich bleischwei- da in drohender Ruhe;
nur ein paar leicht zitternde XVogen scheinen sich vorzubereiten auf
den Kzunpf, den sie tlntei" einander führen werden. Darüber dehnt
sich ein grauer, monoton düsterer Himmel, an dem selten nur, roth
leuchtend wie der Krater eines VUllGIIIS, der SOHDCHbLIll steht. Mes-
dag hat solche einfache Bilder seit einem Menschenalter auf jeder Aus-
stellung gehabt und ist erst in seinen letzten Jahren ein wenig der
Routine verfallen.
De Haas nialt die holländisch belgische Flachlzlntischzift, ihren
wolkigen Hliltliblllllßll nordischen Sonnnerhinnnel und die Rinder
oder Esel, die im Dünengifas weiden. Lodewylt Apol liebt winter-
liche Laubwälder, deren blätterlose Zweige ein funkelnder Schnee-
schleier deckt, frosterstarrte Gewässer und weissgraue Batinnnasseu,
die zart in nebliger Luft verschwiinunen; Klinkenberg im Haag,
ein Schüler Bisschops. hat von diesem den Sonnenschein zu inalen
gelernt. Das Licht klarer Märztage liegt gewöhnlich ilber seinen
Bildern und bescheint die Facaden sauberer Backsteinhätiser, die sich
in der stillen WasserHäche der Canäle spiegeln. Bastert. der so breit
arbeitet, Roelols, Blonnners, Storin vans Gravesttntlie, die stinun-
ungsvollen Herbst-, Walde und Abendlandschaften Fr. Duchattels
und Koldewegs. die schönen Stillleben der Damen Marie ROSCHlJOOIH
und Sande-Bakhuyzen seien auch noch genannt. Es ist gerade inner-
halb der holländischen Malerei ebenso schwer eine Auswahl zu treflen
wie die Einzelnen zu kennzeichnen. Die nierkvviiifdigste Familien-
ähnlichkeit vereint sie. Innner Vornehinheit, die aus guten Ueber-