XXXIV.
Frankreich.
ARIS, das seit nunmehr hundert Jahren jederzeit die Losung
P für alle neuen Wendungen der gesammten europäischen Kunst
ausgab, blieb noch immer an der Spitze der Bewegung: Die
künstlerische Veranlagung des französischen Volkes, die hervorragende
Schulung, die der Maler in Paris geniesst, befähigt ihn, jeder Wand-
lung des Geschmacks sofort mit Sicherheit und Leichtigkeit zu folgen.
1883, am Firnisstage des Salons, starb Manet, und schon im Vor-
Wort, das er zu dem Katalog der nach dem Tode des Meisters ver-
anstalteten Ausstellung schrieb, konnte Zola sagen: aDer Einfluss ist
da, unleugbar und tiefer greifend mit jedem neuen Salon. Denkt
Euch zwanzig Jahre zurück, ruft Euch jene schwarzen Salons in's
Gediichtniss, in denen selbst die Studien des Nackten dunkel er-
schienen, als seien sie mit moderndem Staube bedeckt. In den
grossen Rahmen badeten sich Historie und Mythologie in ganzen
Lagen von Asphalt; nirgends ein Abstecher in's Gebiet der wirk-
lichen Welt, zu dem Leben, zum vollen Lichte; kaum hier oder da
eine kleine Landschaft, auf die ein Stückchen blauer Himmel schüch-
tern herniederzuscheineil wagte. Aber nach und nach sah man die
Salons sich aufhellen, die Römer und Griechen von Mahagoni mit-
sammt den Nymphen von Porzellan verschwinden, während die Fluth
von modernen, dem Alltagsleben entnommenen Darstellungen von Jahr
zu Jahr wuchs, die Wände überschwemmte und sie mit ihren leben-
digen Accenten in vollstes Sonnenlicht setzte. Das war nicht nur
eine neue Zeit, das war eine neue Malerei, deren Streben nach dem
vollen Lichte gerichtet war, die das Gesetz der Farbenwerthe achtete,
jede Figur in voller Beleuchtung gab, auf ihrem Platze, nicht nach
herkömmlicher Ueberlieferung in idealer Weise zurecht gestellte.
Diese Wandlung. angebahnt, die neuen Principien aus dem Ex-
perimentirtingssaal in die Oeffentlichkeit, aus dem Salon des Refuses
in den officiellen Salon eingeführt, ihnen die ersten Freunde im Pu-