XXXIX.
HOLLAND
Augen und runzlichen, wettergebriiunten Gesichtern, hier lernt das
arme Bauernlaind in seinem Gehstuhl laufen, hier hat sich die
Familie des Fischers um eine Schüssel rauchender Kartoffeln vereint.
Wenige haben das Milieu, in dem die Figuren sich bewegen, so
zu ihrem Studium gemacht wie Israels, wenige in dem Grade em-
pfunden, dass jeder Gegenstand in der Natur wie im Leben seine
eigene Atmosphäre hat, aus der herausgerissen er nicht bestehen
kann. In seinen Bildern deckt sich Atmosphäre und Inhalt. Auch
in der Wirklichkeit verläuft das Dasein dieser armen Leutein- dunkler
Dämmerung, nur zuweilen von einem flüchtigen Sonnenstrahl erhellt,
bis es allmählich ganz dunkel wird und der Tod seinen geheimniss-
vollen Schatten über ihr Leben wirft.
Doch hier macht man nur die Bekanntschaft des einen Israels.
Derselbe melancholische Lyriker ist ein urwüchsig kräftiger Künstler
in seinen Fischerbildern. Mit welch grandioser Einfachheit malte er
in seinen sTravailleurs de la mem dies unendliche drohende graue
Element unter bleiernem Himmel, diese wettergebriiunten riesigen
Seeleute, die mit schwerem Anker auf der Schulter, von Wogen
umspritzt durch's Wasser waten. Und welche naive Heiterkeit lebt
in seinen Kinderbildern. Duranty hat fein von einem Bilde des
Meisters gesagt, es sei mit nSehatten und SClIIDCTZa gemalt, diese
andern malte er mit sSonne und Freudea. Wie den Tod mit seinen
dunkeln grauen Schatten, besingt er auch das junge Leben in der
ganzen lachenden Freiheit der Natur. Seine Fischerkinrler sind ge-
sund und blond und haben rothe Backen. Sie bewegen sich am
frischen heitern Meer, dessen zitternde Wogen unter kosenden
Sonnenstrahlen wollüstig ZILIfSChEILItlCTH, und unter einem blauen, von
weissen Wölkchen durchzogenen Himmel, der klar auf üppig grüne
Felder herabblickt.
Israels ist unter den Modernen einer der grössten, kräftigsten
Maler und zugleich ein tiefer zarter Poet. Im Pariser Salon, um-
geben von all den geschickten virtuosen Technikern, erscheint er
als ein Künstler, dessen Empfindung tief genug ist, auch ohne
jongleurstücke einen grossen Eindruck zu erzielen. Keiner ver-
steht so, die Arbeit des Pinsels der allgemeinen Stimmung unterzu-
ordnen. Er ist ein naiver Dichter, gross in der NViedergabe der
niedrigen Leute und der kleinen Dinge, ein Künstler, der in engem
Kreis sich bewegt, diesen aber in seiner ganzen Intimität durch-
dringt, ein Mann, der etwas gefühlt hat im Leben und deshalb auch